Lassen Sie mich Tacheles reden. Krimis sind so gar nicht meins. Zu düster, zu brutal, zu depressiv. Ausserdem will ich beim Seriengucken entspannen und nicht pausenlos vor Schreck auf dem Sofa die Schraube machen. So kommts, dass mein Herz für Formate wie «Grey's Anatomy» oder «The Big Bang Theory» schlägt.
Von der Kritikerin zum Fangirl
Nachdem aber letzte Woche die ganze Schweiz zur grossen Lobhuldigung ausholte, wurde ich hellhörig. Als das SRF am Dienstag um 20.05 Uhr die erste Folge des Sechsteilers «Wilder» zeigte, war der Tenor in meinem Umfeld on- und offline der gleiche: «Wilder» sei das beste, das das SRF je gezeigt hat. Weil solche Parolen meine Neugier wecken, hab ich eingeschaltet und bin, gelinde gesagt, ebenfalls massiv begeistert.
Kurz zum Plot: Im verschneiten Oberwies wird ein Künstler umgebracht. Zeitgleich verschwindet die Tochter eines reichen ägyptischen Investors, der in Oberwies ein Hotel bauen will - was vielen Dorfbewohnern missfällt. Ab sofort macht das sehr ungleiche Duo Rosa Wilder (Sarah Spale, 37) und Manfred Kägi (Marcus Signer, 52) Jagd auf den Mörder und deckt im Lauf der Ermittlungen immer mehr dunkle und schlimme Geheimnisse im Dorf auf. Mehr dazu lesen Sie in unserer Kritik.
Kann ich den Mörder entlarven?
Als echtes Fangirl like ich die Facebook-Fanseite zur Serie. Und besuche die Homepage. Und staune. Weil diese modern und interaktiv daherkommt. Mehr noch: Wer will, kann auf der Seite das Game zur Serie spielen. Und ob ich will!
Registrieren muss ich mich. Geht schnell. Ich brauche nur eine E-mail-Adresse und ein Passwort und los gehts! Ich erwarte viel. Und bekomme... zu wenig!
Ich muss die Protagonisten den verschiedenen Schauplätzen in Oberwies zuteilen. Funktioniert per Drag & Drop. Ich lass also die erste Folge Revue passieren und schiebe rum.
Die Rumschieberei beschäftigt mich ein paar Minuten. Wirklich mitreissen tuts mich aber nicht. Und wirklich viel passiert auch nicht. Keine Kommentare, kein Gegenspieler, nicht mal einen mühsamen Partner habe ich, der mir reinredet. Wie um alles in der Welt soll ich so Rosa Wilder nachfühlen können?
Item.
Nachdem ich also alle Charaktere den richtigen und/oder falschen Schauplätzen zugeordnet habe, klicke ich auf «Pinnwand». Hier muss ich die Verdächtigen aufführen. Ist so simpel, wie es klingt. Und genauso langweilig und schnell gemacht ist es auch. Ich würde mir etwas mehr Interaktion wünschen. Mehr Gegenwind, Rückfragen, Verwirrungen. Danach sucht man hier aber vergeblich.
Die Macher wollen, dass ich meine Ermittlungskünste auf Facebook poste - ein ausgefuchster PR-Streich!
Ganz nach dem Motto «Keep it simple» verdächtige ich die Tochter des Investors. Weil ich vermute, dass sie in den getöteten Künstler verschossen war. Liebe und Hass ist ja nah beieinander. Im TV noch näher als im realen Leben. Zum Glück!
Jetzt frage ich mich, wies weitergeht. Und merke: Das wars schon! Ich kann/soll/darf jetzt aber noch meine Ermittlungskünste auf Facebook posten. Von den Machern in Sachen PR ein kluger Schachzug. Ist ja super, wenn nur schon zehn von meinen Facebook-Freunden nachziehen und ebenfalls spielen, sobald sie meinen Post gesehen haben.
Summa Summarum bin ich der Meinung, dass man sich das Spiel zur Serie schenken kann. Dennoch will ich hervorheben, dass ich die Idee eines Games, das man nach jeder Folge weiterspielen kann, grandios finde. Nur schon drum will ich dem Fakt verzeihen, dass die Schose noch etwas in drückenden Kinderschuhen steckt. Coole Preise, die man gewinnen kann, hin oder her.
Gut Ding will halt Weile haben.
Bleibt dran, liebe Macher. Dann komme ich wieder!
PS: Den Facebook-Post habe ich nicht veröffentlicht. Ich werde aber die Erste sein, die das Game dann spielen und promoten wird, wenn dieses so reinknallt wie die Sendung. Hier mein Ehrenwort drauf: Ehrenwort.