Weekend-Brunch im Garten der Schweizer Zibbz-WG in Los Angeles: Die Geschwister Co, 32, und Stee Gfeller, 30, deren Lebenspartner Yves Nicollier, 36, und Sabrina Kern, 29, sowie Carlo Ribaux, 30, diskutieren über Hausregeln. «Nicht lebensgefährliches Geschirr gehört nach oben gerichtet in die Abwaschmaschine, so wird es sauberer», erklärt Stee (Stefan). Und löst damit eine Debatte aus, ob Gabeln zum lebensgefährlichen Geschirr gehören. «Wenn mal jemand gegen eine Regel verstösst, geht die Welt ja nicht unter», bringt Carlo schliesslich die WG-Philosophie auf den Punkt. Co (Corinne) doppelt zugleich nach: «Genau. Das ist die wichtigste aller Regeln.» Gelächter rundherum.
Eine grosse Plattform wie der ESC braucht eine positive Message
Es ist ein ruhiger Morgen vor dem grossen Sturm: Heute Dienstagabend werden Zibbz die Schweiz mit ihrem Song «Stones» im ersten Halbfinal am Eurovision Song Contest (ESC) in Lissabon vertreten. Die Vorbereitungen laufen seit Wochen auf Hochtouren: Proben, Auftritt-Inszenierung, Aufnahme des offiziellen Musikvideos, Pressearbeit und die ESC Promo-Tour, welche die Aargauer bereits nach Israel, Spanien und Holland führte. «Wir waren uns nicht so bewusst, was da alles auf uns zukommt», gibt Co zu.
Aber der Einsatz habe sich auf jeden Fall schon gelohnt. «Wir werden einem grossen Publikum vorgestellt, das uns sonst vielleicht nie gefunden hätte. Solange wir uns selber bleiben und stolz auf unseren Auftritt sein können, ist das ESC-Erlebnis für uns ein Erfolg – aber klar: Wir möchten in den Final!»
Den Song «Stones» schrieben die Geschwister Gfeller, die ihre Schweizer Basis unterdessen im luzernischen Gisikon haben, im Suisa Songwriting Camp. Das Thema: Mobbing. «Das ist wie früher das Steinigen», so Co, die nie nur über die Liebe singen wollte. «Eine grosse Plattform wie der ESC braucht eine positive Message!»
Ihr «Labor», wie Zibbz ihr Drei-Zimmer-Haus auch nennen, ist seit ihrem Einzug vor vier Jahren im Quartier für seine Jamsessions bekannt. «Die Tür ist für spielfreudige Musiker immer offen.» Carlo und Stee geben eine Kostprobe am Schlagzeug und Keyboard, Yves rappt dazu auf Schweizerdeutsch, und schliesslich greift auch Co zum Mikrofon.
Die Musik wurde Zibbz in die Wiege gelegt: Aufgewachsen sind sie und die jüngere Schwester in Waltenschwil und Boswil AG. Stee hat das Schlagzeug-Spielen seiner Mutter abgeschaut und trat bereits als Knirps mit Papi und Götti in einer Gypsy-Band auf. Co ging mit sechzehn nach London in eine Musical-Schule. Während Co mit dem Queen-Musical «We Will Rock You» tourte, schloss Stee seine Ausbildung am Winterthurer Institut für aktuelle Musik ab.
Wir waren uns nicht so bewusst, was da alles auf uns zukommt
Seit zehn Jahren gibt es Zibbz offiziell. Auftritte mit Gölä und eine Reality-Show auf dem Jugendsender Joiz folgten. Obwohl die Gfellers unterschiedlich ticken, gibt es kaum Knatsch: «Stee ist der Chaot, und ich bin die, die vorausplant», erklärt Co. «Das ist für beide zwar nicht immer einfach, aber es kommt trotzdem irgendwie immer gut: Es ist wie früher, als wir mit dem Velo zum Bahnhof fuhren – wenn Stee spät dran war, hatte der Zug garantiert auch Verspätung.»
Am Projekt ESC ist die ganze WG beteiligt: «Ich bin Bodyguard und Kameramann», schmunzelt Yves, der eigentlich Profi-Golfer ist und im Sommer in Wettswil am Albis ZH unterrichtet. Sabrina, die in der Schweiz eine Musical-Ausbildung gemacht und in L. A. die Hauptrolle im Horrorstreifen «St. Agatha» ergattert hat, wird Background singen: «Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich mitmachen darf !» Profimusiker Carlo, dessen WG-Zimmer sich im Wohnwagen im Garten befindet, fügt grinsend an: «Und ich bin das Maskottchen.»
Frau mit Stil: Für den ESC Auftritt lässt sich Co einen neuen Onkai-Hut von SCB-Spieler und Hutdesigner Eric Blum anfertigen.
Glücksbringer sind ebenfalls mit dabei: Stee wird einen Quarz von Sabrina, einen Pfeil von Kumpel und SCB-Spieler Eric Blum und den Militär-Grabstein des Grossvaters auf der Bühne dabeihaben. Co wird den Krieger-Prinzessin-Anhänger tragen, den sie sich zur Hochzeit geschenkt hatte.
Und wenn der ESC und die kommende Tour in der Schweiz und Deutschland vorbei sind? Stee plant nicht so weit, aber Co schaut voraus: «Yves möchte mal auf einer Insel leben. Wir denken aber auch langsam über Kinder nach, und dann möchte ich gerne in der Nähe der Familie sein.» Klingt also nach zwölf Punkten für die Schweiz!