Geranked hat er sie. Anhand ihrer Perfektion. Ein britischer Schönheitschirurg hat den Goldenen Schnitt, der die mathematisch-physische Perfektion von Gesichtern bestimmt, auf die weiblichen Mitglieder von Königshäusern aus der ganzen Welt angewendet.
Der Goldene Schnitt, der inzwischen als Computerprogramm genutzt werden kann, misst Verhältnisse und Symmetrie der Gesichtszüge und bestimmt anhand derer die «körperliche Perfektion». Es gilt also: Je symmetrischer ein Gesicht ist, desto mehr Punkte bekommt es, und desto schöner soll es sein.
1. Frage: Warum nur die weiblichen Royals? 2. Frage: Warum nur?
Wir schütteln den Kopf und wollen es ja dann trotzdem wissen. Lady Di auf Platz eins (mit 89,05%). Königin Rania von Jordanien auf Platz zwei (88,9%). Grace Kelly auf der Drei (88,8%). Dann folgen Meghan Markle (87,4%) und Herzogin Kate (86,8%). Ah ja. Aber: Ist es denn wirklich nötig und zeitgemäss, Schönheit mit einer Formel aus dem wirklich lang, lang zurückliegenden Mittelalter zu messen?
Antike Formel ist zeitgemäss
Nötig ist das Ranking nicht. Das kann hier abschliessend schon mal notiert werden. Aber zeitgemäss ist der Goldene Schnitt noch immer, sagt Dr. med. Urs Bösch von der Meon Schönheitsklinik in Luzern. Zeitgemäss, um in dem Bereich der plastischen Chirurgie Schönheit zu messen. Symmetrie und Proportion – das sei Schönheit. Die intuitive Wahrnehmung von Symmetrie, der richtigen Proportionen, der sich ausgewogen zueinander verhaltenden Strecken- und Linienverhältnisse.
Also nicht veraltet, der Goldene Schnitt. Symmetrie zeigt sich nämlich zeitlich und kulturell statisch und stabil. Und Schönheit ist demzufolge wirklich messbar. Aber:
Schönheit ist nicht mit Attraktivität gleichzusetzen
«Es muss klar zwischen den Konzepten Schönheit und Attraktivität unterschieden werden», sagt Dr. med. Urs Bösch. Bei dem der Schönheit gäbe es Regeln. Schönheit sei detailfixiert, eben messbar – durch plastische Chirurgie veränderbar. Das Skalpell korrigiert die launische Natur. Es gehe hierbei um optimale Proportionen, die ausgebessert werden können, um die angestrebte Symmetrie zu erzielen.
Einen schönen Menschen erkennt jeder. Es gibt einen kulturellen und wissenschaftlichen Konsens darüber, was schön ist. Oder andersherum: Schön ist, worauf sich die Mehrheit einigen kann und ist deshalb oft nicht das Ungewöhnliche, sondern das Durchschnittlichste.
Attraktivität hingegen – dabei werde der Winkel der Kamera weiter geöffnet. Es sei ein ganzheitlicheres Konzept, das «Fehler» eher verzeiht. Jemand kann also schön sein, aber nicht attraktiv. Oder attraktiv, aber nicht schön … Trendforscherin Marta Kwiatkowski Schenk vom Think Tank «Gottlieb Duttweiler Institut» stimmt dieser begrifflichen Abgrenzung zu. Das eine als technische Definition der Optik. Das andere als Gesamtkonzept, das nicht nur vom Äusseren abhängt, sondern auch von den Fähigkeiten.
Perfektion braucht k(l)eine Fehler
Jede Zeit habe ja ihre Schönheitsideale, sagt Kwiatkowski. Und diese hätten viel damit zu tun, was einer Gesellschaft gerade wichtig ist. Galt eine zeitlang vornehme Blässe, wollten die Leute in der Nachkriegszeit, als der Luxus der Fernreise aufkam, plötzlich braun sein. Aktuell ist makellose Haut Ideal. Wir leben in einer Zeit von hochauflösenden Kameras und Instagram. Die kommt ja auch nicht von ungefähr, sondern bedarf Investitionen und ist damit gleichzeitig Ausdruck von finanziellem Wohlstand. Und verfügbarer Zeit, um sich exzessiv um die Hautpflege zu kümmern.
Es gehe nicht darum, dass sich einer der beiden Trends gegen den anderen durchsetzen wird. Wir leben eher in einer Zeit von «anything goes». Denn: Es gibt viele verschiedene gesellschaftliche Filterblasen und nicht wie früher ein einziges vorherrschendes Schönheitsideal. Es gibt viele verschiedene Bubbles, viele verschiedene Gruppierungen, denen man sich zugehörig fühlen oder von denen man sich abgrenzen kann.
Auch gesellschaftlich spricht vieles dafür, dass sich unsere Schönheitsideale lockern. Früher hätten die Menschen öfter in geschlossenen Gemeinschaften gelebt, ohne neue, fremde Einflüsse, ohne das Internet. Heute hingegen sind wir mit diverseren Gruppen von Menschen konfrontiert – und damit auch mit ganz verschiedenen Schönheitsidealen. Die parallel funktionieren.
Und schliesslich: Proportionen hin oder her. Dass Lady Di uns bis heute so stark in Erinnerung geblieben ist, hat definitiv nicht nur mit der Proportionalität ihres Gesichts zu tun.