Sie glitzern oft, sind häufig körperbetont und fallen immer auf: die Kleidungsstücke von The Attico. Das italienische Label wird von It-Girls (Gilda Ambrosio und Giorgia Tordini) für It-Girls (Dua Lipa und Kendall Jenner) gemacht. Mit ihrer neuesten Kampagne starten die zwei glamourösen Mailänderinnen aber eine Gegenoffensive. Nicht etwa ein blutjunges, aalglattes Model steht im Mittelpunkt, sondern eine Sciura – eine Bezeichnung für eine reifere Dame, die im Zentrum von Milano lebt und dabei immer gut angezogen und perfekt frisiert ist.
In den letzten Jahren hat sich die Modeindustrie stark gewandelt. Statt Heroin Chic wird Body Positivity gefeiert, statt XXL-Brustimplantate gibt es Dehnungsstreifen und Körperbehaarung. Auch wenn es noch ein weiter Weg ist, zählen Vielfalt und Inklusion zum Gebot der Stunde. Während die Models der Neunzigerjahre noch eine bestimmte Grösse und Ästhetik erfüllen mussten, folgen die derzeit begehrtesten Mode-Musen keinem einheitlichen Muster.
Realistische Vorbilder
Zudem öffnet die Branche, die seit Jahrzehnten ewige Jugend propagiert, ihre Blickwinkel für Best Ager – also Menschen über 50. Céline tat das bereits 2015. Das damals wohl meist gehypte Luxuslabel inszenierte Schriftstellerin Joan Didion im schwarzen Outfit mit blickdichter Sonnenbrille und silbernem Bob für eine Kampagne. Balenciaga lässt Saison für Saison Models mit grauen Haaren über den Laufsteg laufen und Ü50-Influencerinnen wie Grece Ghanem oder Maye Musk inspirieren zusammen Millionen.
Auch hierzulande sind Best Ager keine Seltenheit mehr. Bei der diesjährigen Ausgabe der Mode Suisse stahl Ü70-Model Carmen Meier-Meister den Youngsters die Show – und nun reiht sich mit The Attico auch noch das Lieblingslabel der Millennials und Gen Z in den Fanclub ein.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. In Deutschland zum Beispiel stehen gerade so viele Menschen wie noch nie zuvor vor ihrem 60. Geburtstag. Da ist es kein Wunder, dass die Modebranche Best Ager und Senioren mit ins Boot nehmen möchte. Denn auch bei der älteren Generation ist der Wunsch nach Identifikation vorhanden – und für alle anderen ist es eine willkommene, gesunde Abwechslung, die einem tatsächlich etwas die Angst vor dem Älterwerden nimmt. Representation matters!