Einmal an einer waschechten Fashion Week teilzunehmen – davon träumte ich als Lifestyle-Redaktorin schon ewig. Zwei Wochen vor Beginn der Spring/Summer 2023 Modewoche in Kopenhagen flatterte die Einladung dann plötzlich ins digitale Postfach. Vorfreude! Und auch ein kleines bisschen Panik machte sich breit. Schliesslich möchte man mit den internationalen Street-Style-Grössen halbwegs mithalten können. Welche Looks dafür schlussendlich in meinem Koffer landeten, erfahrt ihr hier.
Aller Anfang ist schwer
Für den Flug entschied ich mich aber für ein eher bequemes Outfit: Vintage Levis, grosser grauer Sweater und Plateau-Flip-Flops aus Leder. Letztere sollten mir bereits auf dem Weg zum Flughafen zum Verhängnis werden. Der linke Schuh riss. Komplett. Mein Gang verwandelte sich unfreiwillig in ein Humpeln. Klasse! So hatte ich mir den Start meiner ersten Fashion Week nicht vorgestellt. Und auch nicht, dass ich vor Abflug eineinhalb Stunden in einer überfüllten und aufgeheizten Maschine hocken muss. Sagen wir es mal so, bei der Ankunft in Kopenhagen hätte ich mich frischer fühlen können. Wie sollte es anders sein, machte es der Gang in mein Hotel nicht gerade besser. Eine Schar von aufgestylten Modefans, wie ich sie zuvor noch nie im realen Leben gesehen hatte, tummelte sich in der Lobby. Beeindruckend, aber irgendwie auch einschüchternd.
Social Media vs. Real Life
Geduscht und im entsprechenden Look konnte es dann losgehen. Dinner, Shows, Preisverleihungen, After-Show-Partys – der Terminkalender der nächsten Tage war voll, die Stimmung toll. Bereits am ersten Abend dann das erste Influencer*in-Spotting. Die Menschen, die ich bisher nur von meinem Handybildschirm kannte, standen plötzlich direkt vor mir. Von hui bis pfui war alles dabei. Der Unterschied zwischen Instagram und der Realität wurde mir einmal mehr bewusst. Im realen Leben gibt es eben keine Filter. Leider auch kaum zufällige Street-Style-Aufnahmen. So spontan und ungeplant die Fotos meist auch aussehen, hinter ihnen stecken viel Arbeit, Mut und Muse. Wer abgelichtet werden will, läuft vor den Fotograf*innen auf und ab. Teils nicht nur vor und nach den Schauen, sondern auch unmittelbar bevor sie starten – auf dem Runway! Die schamlosesten Influencer*innen posen erst dann, wenn der Grossteil der Gäst*innen bereits sitzt. Mit Erfolg. Die Fotograf*innen drücken ab.
Keine Fashion Week ohne Fusschmerzen
Herrscht Fashion Week, ist die Stadt in Ausnahmezustand – egal ob in London, Paris oder eben Kopenhagen. Das erfuhr ich bereits vor Beginn. Mir wurde geraten, mich hauptsächlich zu Fuss von A nach B zu bewegen. Soweit so gut. Die Locations lagen zum Glück nie mehr als 25 Gehminuten voneinander entfernt. In die Planung hatte ich jedoch nicht die Kombination aus Heels und Kopfsteinpflaster einberechnet. Autsch. Wegen der schnell einsetzenden Fussschmerzen brauchte ich für meine Wege tendenziell länger. Wirklich besser machten es auch die etlichen Blasenpflaster nicht, die bereits an Tag zwei überall aus meinen Sandaletten blitzten. Eine andere Lösung musste her. Ich wechselte zu Cowboy Boots, Flip-Flops besass ich schliesslich keine mehr. Spoiler: Sind die Füsse einmal lädiert, helfen auch flache Stiefel nicht. Ich begann auf Viggo, die dänische Version von Uber umzusteigen. Die langen Wartezeiten nahm ich zu diesem Zeitpunkt gerne in Kauf.
Hunger!
Man sagt es der Modeszene gerne nach. Gegessen wird nicht viel. Grundsätzlich Quatsch. Geht es nach mir, landen sogar mehr als drei Mahlzeiten auf dem Teller. Während der Fashion Week war das anders. Da sollte sich vor allem das Abendessen als schwierig gestalten. Das Problem: Kommt man von der letzten Show des Tages, hat die dänische Küche oft bereits geschlossen. Selbst in der Hauptstadt werden ab 20.30 Uhr / 21.00 Uhr kaum noch Speisen angeboten. Zudem hatte ich im Vorfeld selbst keine Reservationen gebucht, was die Suche nach Essen nicht vereinfachte. Memo an mich selbst: das beim nächsten Mal ändern. Gefunden habe ich nach diversen Anfällen von Hangryness aber zum Glück immer etwas.
Fashion Week oder Zirkus?
Arbeitet man in der Mode, befindet man sich bekanntlich in einer Bubble. Darin fühlt man sich wohl, wird verstanden. Von aussen mag das Ganze hingegen vor allem an der Fashion Week ziemlich ulkig aussehen. Erst als eine Freundin, die sich zur gleichen Zeit in Kopenhagen befand und nicht aus der Branche kommt, mich auf die ausgefallenen Looks hingewiesen hatte, fiel es mir auf: Hunderte überstylte, teils schon fast verkleidete Menschen auf einem Haufen. Cowboy-Hüte, Federboas, Paillettenhosen – was einem als Influencer*in und Fashion-Editor*in als angemessene Kleidung erscheint, empfinden weniger modeaffine Menschen (wohl nicht ganz zu Unrecht) als Zirkus.
Stress to impress
Ich habe es bereits angedeutet, reist man zur Fashion Week, bedeutet das nicht nur Spass, sondern eben auch Arbeit. Die Agenda ist voll, die Zeit, den Laptop aufschlagen zu können, begrenzt. Zwischen Shows, anderen Terminen und der Berichterstattung eine Balance zu finden, ist also nicht gerade easy. Ich möchte es mir gar nicht vorstellen, wie es den Influencer*innen ergeht, die sich zwischen den Shows auch noch umziehen müssen – mein grösster Respekt! Entscheidet man sich dann (wie ich) wirklich ALLES mitzunehmen und spät abends die After-Show-Patys zu besuchen, bleibt auch nachts keine Erholung. Neben Glitzer und Glamour bedeutet die Fashion Week also hauptsächlich eins: Stress. Doch ebenso wie die demolierten Füsse, den knurrenden Magen und die nervenaufreibende Anreise lohnt er sich – für die netten Begegnungen, die Eindrücke und vor allem die exklusive Mode. Merci fürs Mitnehmen 💜.