Der Frühling ist ein verrücktes Huhn. Wie zarte Blütenknospen keimt da allerhand Frisches und Optimistisches vor sich hin. Es ist die Verheissung des Sommers (der sich 2019 so benimmt wie mühsame Dates: Er ruft nicht zurück!), die uns verrückt spielen lässt. Auch ich gönne mir 2019 eine kleine Extravaganz. Sie heisst Hosen. Ich trage sie zum ersten Mal seit *weissnichtwievielenJahren* wieder. Und so kam das.
Es war einmal ein Mädchen, das das Gesamt-Kaleidoskop an Mode-Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Es trug Hosen, Kleider, Röcke – damals noch bevorzugt in Schwarz. Es traf bessere und schlechtere Entscheidungen. Sie hat da ehrlich gesagt nicht besonders viel drüber nachgedacht. Gepasst hat eh alles. Sie war noch jung.
Dann kam 2012 Kind eins, die einigermassen schmale Silhouette (Body Positivity – it’s a thing) ging und die Probleme mit den Hosen kamen. Ich gehörte nicht zu den Müttern, die sich sofort mit dem Zauber gesunder Ernährung und Sport auseinandersetzten. Ich habe Schoppenflaschen sterilisiert, Nuggis gesucht und Trillionen Mini-Kleider zusammengefaltet. Zu denen zählte ich auch meine alten Hosen. Das war Phase eins. Akzeptanz. Ist halt so nach einer Schwangerschaft. Darauf folgte Phase 2 und mit ihr kam der Hass. Ich bin ca. 1.80 Meter gross, normal gebaut (Body Positivity, kännsch?) und hatte selbst als Neu-Mutter mit durchaus legeren Fashion-Standards noch einen Funken Stolz in mir. Es gab schlicht keine Hosen. Grosse Frauen mit Hintern und Restbauch – das schien kein interessanter Markt. Und in der «Big is Beautiful»-Abteilung oder bei «Mode für Mollige» (gabs, ich schwör) einzukaufen, empfand ich als Affront. Denn schon bevor #BodyPositivity den «Alles geht»-Groove in den Alltag injizierte, fand ich: Es ist eine Frechheit, dass ich im normalen Geschäft keine Hosen finde. Und deshalb hörte ich einfach damit auf, mich in schlecht beleuchteten Umkleidekabinen schlecht zu fühlen. Und stieg auf Röcke um.
Es gibt Menschen, die besitzen 20 Blue Jeans. Ich besitze mit Sicherheit mehr als 20 Röcke und Kleider in inzwischen fast allen Farben des Regenbogens. Ich habe Röcke für den Alltag, für die Skipiste (ich fahre nicht, aber ich betreue das inzwischen den Mini-Kleidern entwachsene Maxi-Kind vom Pistenrand aus), für den Abend, für die Badi – für jede Gelegenheit. Da zwickt nix – die Reminiszenzen an inzwischen zwei Geburten sind gut und schmerzfrei verpackt (schon mal aufgefallen, dass recht viele Hosen an Kaiserschnittnarben scheuern?) Ich war die Frau mit den Röcken. Läuft. Man kommt so – um auch hier gleich mit einer universalen Frage aufzuräumen – ziemlich gut durch den Winter. Es gibt Strumpfhosen. Was für ein Wunder der Textilwirtschaft.
Vier Jahre später schreiben wir 2019. Nach fast sieben Jahren mit viel Beinspielraum habe ich mich neu verliebt. In eine Culotte. Einfach so. Es ist ja so eine Sache mit dem Hass. Irgendwann verfliegt er – und weil ich gerne positiv denke, bekommen selbst Hosen bei mir eine zweite Chance. Ich kaufte dieses luftige Exemplar und zog es an. Und fühlte mich plötzlich wieder wahnsinnig jung. Denn es gab ja einmal dieses Mädchen, damals vor *weissichnichtmehrsogenauwievielen* Jahren, das sich gar nicht so viele Gedanken machte. Und deshalb geht es mir wie den Verliebten im Frühling. Ich hab da wen kennen gelernt. Er heisst Hose.