Sie sind grell, oft psychedelisch, so manchem schmerzen bei ihrem Anblick die Augen: Die Entwürfe der spanischen Marke Desigual sind bunt, wie gemalt und gekritzelt, hyper-fröhlich, ein bisschen wie ein stoffgewordener Gaudí-Palast. Anlässlich der Art Basel in Miami tanzten nun 30 Models in den ikonischsten Entwürfen aus Barcelona in den mit Modemenschen gefüllten Raum. Ausdrucksstark, dem Leben frönend. Als Letzte schob sich Lourdes Léon, Madonnas 23-jährige Tochter, die ihr Hand- und Fusswerk an der Michigan School of Music, Theatre and Dance gelernt hat, zum bunten Rest auf eine überdimensionale Tempeltreppe. Dann wurden die Klamotten und jeglicher Starstatus zur Nebensache – aus einem Haufen farbenfroher 2020-Touristen wurde ein fleischfarbenes Knäuel. Körper sämtlicher Farben, Formen und Geschlechter zogen sich aus, wurden voneinander angezogen. Es gab angedeutete sexuelle Handlungen, es gab Küsse. Das Publikum johlte.
Das Finale: Nicht der aufregendste Entwurf, sondern ein fingierter Höhepunkt. Woran man sich erinnert, ist ein verschlungenes Körperkollektiv, nicht die Klamotten. Warum macht ein Fashionbrand das? Klar, Sex sells. Aber auch, weil es Wichtigeres gibt als Mode, als Oberflächliches. Nämlich die Liebe und die vielfältigen Arten, sie zu leben.
Während Desigual kulturelle Vielfalt und Diversität mit glühender Leidenschaft auf dem Laufsteg bespielte, huldigte das Label mit der Installation «ɒvƎ» dem Konzept der Weiblichkeit. Die spanische Schauspielerin Miranda Makaroff kletterte als biblische Eva in wilden Prints aus einer knallpinken Vulva. So zeigte sie einerseits ihre neue Capsule Collection in Zusammenarbeit mit Desigual, machte aber auch einen Punkt: «Man wollte uns immer einreden, dass Eva Schuld [an der Vertreibung aus dem Paradies] war, aber wir sollten ihr dafür dankbar sein, dass sie Lust entdeckt hat. Das Paradies ist schrecklich langweilig, das irdische Leben mit seinen Lastern und Widersprüchen ist viel spannender.»
Ob das teuflische Weib mit seinen Verführungskünsten nun nackt, im fleischfarbenem String oder in quietschbunten Anzügen auftaucht – ob es dick, dünn, schwarz oder weiss ist, Männer und / oder Frauen liebt – der Akt der Liebe ist stets ein Anfang. Ob daraus ein neues Wesen entsteht oder bloss ein Orgasmus, ist egal. Jeder liebt schliesslich anders. Hauptsache, wir lieben.