«Victoria’s Secret verkauft eine Fantasie.» Das erklärte der langjährige Marketingchef des Labels, Ed Razek, noch im letzten Jahr und rechtfertigte damit den Entscheid, weder Transgender- noch Plus-Size-Models über den Laufsteg zu schicken. Das Problem, das er bei seiner hochqualifizierten Aussage scheinbar nicht bedacht hatte: Eine Fantasie, in der Flügel an mageren Körpern die Erfolgsstrategie sind, Integrität und Diversität dafür aber Fremdworte, möchte 2019 (zum Glück) niemand mehr kaufen. Davon zeugen zumindest die Zahlen des angeschlagenen Unterwäschegiganten, die in den letzten Jahren stetig gesunken sind – und der Entscheid, Razek mit seinen 71 Jahren endlich vom Thron zu stossen. Die darauf folgende Idee, schnell doch noch ein Transgender-Model für den neuen Katalog zu buchen, wirkte dann allerdings auch nur noch wie der verzweifelte Versuch, schnell das Ruder rumzureissen. Das Ende vom Lied: Die legendäre Laufsteg-Show wurde für dieses Jahr abgesagt und der Stern am Unterwäsche-Himmel scheint langsam aber sicher unterzugehen.
Rettung dank RiRi
Aber keine Sorge, die Antithese, die endlich Besserung verspricht, steht längst in den Startlöchern. Bad Gal RiRi höchstpersönlich bewies mit ihrem Label Savage x Fenty bereits 2018, dass sie eine ganze Menge von dem verstanden hatte, was Victoria’s Secret zuvor jahrelang falsch machte. Und das, obwohl einige der von ihr gebuchten Models zuvor noch über den Engels-Laufsteg geschwebt waren. Aber eben nicht ausschliesslich. Sie gesellten sich zu einer ganzen Bandbreite an Frauen, die mal kurvig, mal androgyn, hell, dunkel, klein und gross daher kamen. Von der restriktiven Engel-Norm keine Spur. Die Resonanz war riesig – und jetzt ratet mal, wer 2019 die Ausstrahlung im TV abgesahnt hat! Am 20. September flimmert Rihanna gemeinsam mit ihrer Schar an Models live bei den Amazon-Prime-Abonnenten dieser Welt über den Bildschirm. Die geflügelten Models wurden durch echte Bad Gals ersetzt, die die sexy Unterwäsche nicht tragen, um eine Fantasie am Leben zu erhalten, einem bestimmten Bild zu entsprechen oder Männern zu gefallen, sondern – um es mit Rihannas Worten zu sagen – «verdammt noch mal für sich selbst!»