Instagram, TikTok und auch der seit diesem Sommer mit Tiger und Drachen verzierte untere Rücken von Sängerin Miley Cyrus, 29, beweisen: Die Tätowierung, die ganz neutral gesprochen Steissbeintattoo genannt wird (häufiger: Arschgeweih), ist zurück. Um die Jahrtausendwende – da erreichte das Kreuzbein zum ersten Mal den Höhepunkt im Ranking der beliebtesten Tattoo-Stelle. Meistens wurden damals dort noch Tribals hinverewigt. Geschwungene Muster, die an die Form eines Geweihs erinnern. Auch wenn es heutzutage weniger diese Motive sind – es ist doch längst eh alles Arschgeweih, was am unteren Rücken unter die Haut gestochen wird.
Warum kommt es wieder, nachdem wir 20 Jahre versucht haben, zu vergessen? Ganz einfach: Weil auch die tief geschnittene Hüfthose seit geraumer Zeit wieder da ist. Und die beiden (Tattoo und Hose) koexistieren schliesslich ganz wunderbar. Das Arschgeweih komplettiert den beliebten Y2K-Look (den der 2000er-Jahre): tiefe Low-Rise-Jeans, kurzes Top (am besten mit einem Schmetterling drauf), kleine Baguette Bag.
Es waren andere Zeiten, als das Arschgeweih zum ersten Mal aufkam. Anfangs war es beliebt, schon bald kippte die Begeisterung. Wer ein Tribal zwischen Po und Rücken trug, wurde plötzlich ausgelacht, musste sich während der darauf folgenden Jahre dafür rechtfertigen. Vielmehr noch: Man bezeichnete es im englischen als «Tramp Stamp». Zu deutsch: Schlampenstempel. Seine Trägerin wurde massiv sexualisiert. Sie galt als oberflächlich, prollig. Aber wie gesagt: Es waren andere Zeiten.
Das Arschgeweih erscheint in einem neuen Kontext
Auch wenn es dank des Y2K-Trends zwar modisch gerade so aussieht – die Gesellschaft ist nicht in den frühen Nullerjahren stehen geblieben. Debatten über Body Shaming, die MeToo-Bewegung haben Spuren hinterlassen. Über die mediale Stigmatisierung der Frauen von damals (Britney Spears, Paris Hilton) ist man heute entsetzt. So wirkt auch das Wort «Schlampenstempel» dermassen aus der Zeit gefallen und die Bewertung von einer Person anhand der Stelle, wo sie sich hat tätowieren lassen, befremdlich. Es ist ja nicht so, dass die vergangenen 20 Jahre Sexismus vollkommen beigelegt hätten. Aber dass man jedem und jeder dabei, wo er oder sie den eigenen Körper tätowieren lässt, den Rücken freihält, ist schliesslich Basic beim Thema Selbstbestimmung.