Fast Fashion boomt nach wie vor. Neue Trends werden innerhalb weniger Wochen kopiert und in die Läden gebracht, Konsumenten kaufen mehrmals im Monat zu Schnäppchenpreisen ein und der Umsatz steigt in Milliardenhöhe. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Bekleidungsproduktion verdoppelt. Dass diese Entwicklung nicht ohne riesigen Haken möglich ist, versteht sich von selbst. Arbeiter schuften für Niedriglöhne, Rohstoffe werden ohne Rücksicht auf Verluste verbraucht und die Transparenz der Bedingungen ähnelt der von Aluminiumfolie. Und dann kam Corona.
Die Pandemie brachte diese Maschinerie weitestgehend mit einem Mal zum Stillstand. Denn auch wenn wir online weiterhin shoppen können: Die Händler bleiben auf einem grossen Teil ihrer Kollektionen sitzen. Was mit sechs Wochen Lieferverzögerung in die Läden kommt, ist längst schon wieder out. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie abhängig wir weltweit voneinander sind – und das es Wichtigeres gibt als Trends. Und: Auch die Industrie passt sich an. Nicht nur an unsere Nachfrage, sondern an die Gegebenheiten:
Die Fashion Weeks werden digital
Die London Fashion Week hat bereits angekündigt, mindestens bis um Juni 2021 digital stattzufinden und Gender Neutral zu werden. In New York sind ähnliche Schritte geplant. Käufer haben dadurch selbst Zugang zu den Shows und Mode wird demokratischer. Und wir bekommen die Möglichkeit selbst zu entscheiden, welchen Trends wir folgen wollen, statt es uns von den Shops vorschreiben zu lassen.
Influencer müssen umdenken
Luxusreisen und geschenkte Designertaschen im Postfach? Darauf werden Influencer vorerst verzichten müssen, denn auch grosse Brands sind wegen Corona gezwungen, ihre Budgets zu kürzen. Die Konsequenzen, die wir uns wünschen würden? Storytelling, das wir nachfühlen können und Real-Life-Situationen mit Real-Life-Mode, die sich Real-Life-Menschen mit gutem Gewissen leisten können. Fingers Crossed.
Upcycling erlebt einen Boom
Womit habt ihr euch während Corona so die Zeit vertrieben? Backen, malen oder vielleicht nähen? Die Extra-Zeit hat vielen von uns zu neuen Hobbys verholfen – und jeder Menge alten oder kaputten Kleidungsstücken dadurch zu einem neuen Leben. Die Erkenntnis, dass man Jeans wegen eines Lochs nicht gleich entsorgen muss, sondern reparierte Dinge umso mehr schätzt, nehmen wir hoffentlich mit in die Zeit nach der Pandemie.
Fast Fashion wird ausgebremst
Auch, wenn alle Modeunternehmen gerade eine harte Zeit durchmachen: Wer langsam, in kleinen Mengen und zeitlos produziert, zählt aktuell zu den Gewinnern. Der Enge Kontakt zwischen Verkäufer und Produzent macht es möglich, Lösungen zu finden – und den Big Playern vor, wie es aussehen könnte, wenn man auf mehr als nur Profit setzen würde. Verluste in Millionenhöhe zwingen die Giganten, ihre Wertschöpfungsketten zu überdenken. Damit das System aufgeht, sind aber auch wir gefordert: Statt zehn schnelllebiger Teile, sollten wir lieber nur zwei, drei kaufen, die wir wirklich brauchen. Und die von kleinen Unternehmen, die jetzt auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Ob dann auch nächstes Jahr noch 24 Kollektionen in den Shops hängen werden, ist (glücklicherweise) fraglich.