Hygge wollten ja eine Zeit lang alle sein. Hygge wohnen, hygge leben und sich hygge kleiden. Es geht dabei um Gemütlichkeit, um Wohlfühlen. In der Mode hatte das lange mit Zurückhaltung zu tun. Mit einem Stapel an hochwertigen Basics, so zeitlos, dass sie jederzeit und ganz unproblematisch miteinander kombiniert werden können. Wenn jemand vom Wochenendtrip in Stockholm oder Kopenhagen zurückkommt, heisst es ja immer: Die Menschen dort sehen so gut aus. Skandinavierinnen werden um ihren reduzierten Zauberformel-Kleiderschrank beneidet, der so klassisch gefüllt ist, dass alles immer und überall auf saloppe Weise überchic aussieht.
Ich glaube, Scandi Style ist so beliebt, weil viele Frauen sich mit der Gemütlichkeit unserer Looks identifizieren können. Wir sind im Allgemeinen besser im «dressing down» als im «dressing up» für eine Partynacht. Um Kontraste zu schaffen, mixen wir gerne Feminines mit Maskulinem und streuen sportliche Elemente ein. Zum Beispiel Sneakers zu einer langen Robe im Büroalltag. Wir geben uns nicht die grösste Mühe und ich denke, das ist für andere erfrischend und inspirierend.
so Influencer-Queen Pernille Teisbæk zur Vogue. Nun präsentierten ihre dänischen Mode-Schwestern Thora Valdimars und Jeanette Madsen aber kürzlich die erste Show ihres Labels Rotate auf der Kopenhagen Fashion Week. Und die riefen mit ihren oft pinken, teils kurzen und voluminösen Kleidern die Party Time aus. Was ist da los? Skandinavien ist in Feierlaune und dabei ravend in einen glitzernden Farbtopf getorkelt. Mit Brands wie Ganni und Saks Potts werden die vier Skandi-Cs nach wie vor bedient: comfortable, classic, casual and cool, also bequem, klassisch, casual und cool. Aber neuerdings auf Speed. Und das zeigt eine wahrlich berauschende Wirkung. Und birgt Suchtpotenzial.
Kann man den Wandel mit dem Influencertum erklären? Der ist schliesslich eh an allem Schuld. Die Skandi Girls bekommen die neuesten Kollektionen für ihre Street Styles gestellt (oft als Full Look), für viel Individualität ist da immer weniger Platz. Da trägt man eben, was man bekommt. Für Geld. Aber genau das Gegenteil darf man den Mädels zugute halten: Sie mixen noch immer. Und zwar wild, bunt und furchtlos. Die dänische Stylistin und Insta-Königin Emili Sindlev trifft es für die Vogue aufs Pünktchen: «Skandinavischer Stil ist definitiv maximalistischer als je zuvor.» We love you, Scandi Candy!