Fünf Dekaden lang prägte Vivienne Westwood mit ihrem einzigartigen Stil die Mode. Inzwischen ist die Frau mit der charakteristisch bizarren Frisur nicht mehr. Das gab ihre Marke auf Instagram bekannt. Die Modeschöpferin ist im Kreise ihrer Familie am 30. Dezember 2022 friedlich eingeschlafen. Ganz leise. Ohne Pomp und grossen Auftritt. Etwas, dass ihr gar nicht ähnlich sieht.
Alle Wege führten zur King's Road
Die Britin stammte aus der Arbeiterklasse in Derbyshire und hatte kaum eine modische Ausbildung. Sie war Mutter eines Sohnes, getrennt vom ersten Mann und Kunstlehrerin an einer Grundschule, als sie 1965 im Alter von 24 Jahren ihren zweiten Mann Malcolm McLaren kennenlernte. Innerhalb weniger Jahre wurde sie zur stachelhaarigen Hohepriesterin des Punk, die Londons aufkeimende Gegenkulturbewegung anführte und in einem Shop an der King’s Road, der zuerst Let it Rock, dann Too Fast To Live, Too Young To Die und schliesslich Sex hiess, Teddy Boy-Kleider und Bondage-Jeans verkaufte. Während sie die Sex Pistols einkleidete, die McLaren managte, schuf sie eine neue Art der Provokation, die nicht nur die britische Mode aufrüttelte, sondern auch ihre eigenen Laufstegkollektionen bis zuletzt prägte.
Clash der Kulturen
Dass Westwood als eine der einflussreichsten britischen Designerinnen des 20. Jahrhunderts wahrgenommen wurde, aber auch als durchgeknallte Exzentrikerin, die sich politisch gegen den Konsum und den Kapitalismus wandte, verdeutlichte ihre Lebenseinstellung als leidenschaftlich unabhängige Schöpferin, die den Mainstream zwar mit gestaltete, sich aber nie ganz eingliederte. Westwood verband ein wahres Verständnis von Modedesign mit einer rebellischen Ästhetik und einem stark geprägten Umweltbewusstsein, lange bevor dies in Mode kam. Bis zuletzt stellte sie den Status quo in Frage.
«Wir wollten das Establishment untergraben», sagte Westwood einmal. «Wir hassen es. Wir wollen es zerstören. Wir wollen es nicht. Wir waren die Jugend gegen das Alter, das war es.»
Jetzt hat uns die Realität eingeholt. Und die Welt muss ohne die Ikone des Punk weitermachen. Die grandiose Schöpferin, die Visionärin, die ganze Generationen mit ihren Ideen und ihrer schrulligen Art begeisterte und gleichzeitig irritierte. Ein trauriger Abschluss eines ohnehin schon bizarren Jahres. Vivienne Westwood wird als eine Frau in Erinnerung bleiben, die ihr Talent nicht nur dazu nutzte, aussergewöhnliche Kleider zu entwerfen, sondern auch, um auf Themen, für die sie brannte, unangenehm aufmerksam zu machen. Und als Frau, die zu einer Audienz bei der Queen ohne Unterhöschen erschien.
Punks Not Dead 🖤 We will miss you, Vivienne!