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Von Stahl-Korsetts und Früchte-Cups

Das ist die Geschichte des BHs

Einst aus Nastüechli gebastelt, zur Demonstration verbrannt, an Früchten gemessen und heute als Top auf der Strasse getragen – der BH gibt uns seit mehreren Jahrhunderten (wortwörtlich) Halt. Nun nehmen wir den Werdegang des Büstenhalters genauer unter die Lupe.

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Laundry hangs out on a clothesline to dry. Colorful bras hanging against blue background. Summer time.

«Gute Freunde sind wie bequeme BH’s: schwer zu finden, unterstützend und nah am Herzen.»

Getty Images

Das historische Kleidungsstück hat schon viel mitgemacht. Manchmal ist der «Bra» (aus dem französischen von Brassiere) unser bester Freund, dann entsteht plötzlich wieder eine Hass-Liebe. Von unbequemen Korsetts bis hin zu komfortablen Sport-BHs – wir machen eine Zeitreise durch alle Körbchen.

Antikes Bedecken 

Schon 2500 v. Chr. bedeckte man im griechischen Sparta die Brüste. Im Alltag wurden korsettähnliche Gürtel zur Unterstützung getragen. Während dem Sport schnallten sich die Frauen sogenannte «Mastodeton», also Bandeau Tops, um, damit sie männlicher aussahen.

Von Holz zu kaputten Organen 

Achtung, Zeitsprung: Im 16. Jahrhundert kam der Leinenbody auf und um alles zu stützen, was gestützt werden musste, wurden harte Materialien wie z.B. Holz oder Stahl eingearbeitet. Begeistert war niemand davon. Deshalb tauchte im 18. Jahrhundert das Korsett auf (welches nur minimal bequemer war) und das Schönheitsideal rund um die Silhouette der Sanduhr-Figur. An Atmen war wieder kaum zu denken. Je enger geschnürt wurde, umso grösser die Verletzungsgefahr von Organen.

A Star is Born

Korsagen wurde man nie so richtig los, obwohl Anfang des 19. Jahrhunderts eine Gegenbewegung stattfand. Die Trendwelle rollte Richtung Unterhemden. Jedoch war die Gesellschaft noch nicht bereit für die Vorreiter von #freethenipple. Also fand man einen Kompromiss. Es wurde getüftelt, aus zusammengeknöpften Taschentücher und Hosenträger erste Modelle gebastelt – bis es 1914 so weit war: Mary Phelps Jacob beantragte das Patent auf den ersten BH. Somit gilt die Amerikanerin als Erfindern des ikonischen Kleidungsstücks.

Hallo Früchteschale, adieu Korsetts

Seit den 1950ern erlebte der Bustier in jeglichen Farben, Formen und Materialien seine Hochzeit. Fun Fact: Körbchengrössen wurden damals noch an Früchten gemessen, z.B. A-Cups = halbe Zitrone, B-Cups halbe Orange oder C-Cups halbe Grapefruits.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten 

Die 60er- und 70er-Jahre waren keine einfache Zeit für den Büstenhalter. Feministinnen interpretierten das Kleidungsstück als eine Art Unterwerfung von Frauen. Viele boykottierten deshalb den BH, manche verbrannten ihn sogar.

Engel eilen zur Hilfe 

Trotzdem setzte sich der BH aufgrund seines Komforts durch, die Weiterentwicklung war nicht mehr aufzuhalten. Draht- und Kunststoffbügel kamen auf den Markt, elastische Stoffe und verstärkte Körbchen revolutionierten die Branche – der berühmt berüchtigte Push-up-BH brachte wieder etwas Sex-Appeal in die Unterwäsche-Welt. 1995 fand die erste Victoria’s Secret-Show in New York statt und in Hollywood-Produktionen hatte das Teil immer häufiger einen Auftritt. Das Tragen von BHs wurde endgültig normalisiert. 

Im Hier und Jetzt mit BH

Wie hätte wohl eine Dame aus dem griechischen Sparta reagiert, wenn wir ihr erzählt hätten, dass wir heute trägerlose, gepolsterte und rückenfreie BHs auf der Strasse als Oberteil tragen? Ab den 2000ern wurde der Büstenhalter immer beliebter, farbiger und kreativer. Zwar hat er sich über die Jahrhunderte verändert, seine Grundform ist aber noch die gleiche. Nun stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob die Generation Z  durch Trends wie #freethenippel für das endgültige Aussterben des BHs sorgen wird? Bis dahin unterstützen wir unsere Brüste aber gerne noch im Alltag.

Von Anja Schäublin am 19. Juli 2022 - 12:00 Uhr