Das historische Kleidungsstück hat schon viel mitgemacht. Manchmal ist der «Bra» (aus dem französischen von Brassiere) unser bester Freund, dann entsteht plötzlich wieder eine Hass-Liebe. Von unbequemen Korsetts bis hin zu komfortablen Sport-BHs – wir machen eine Zeitreise durch alle Körbchen.
Von Holz zu kaputten Organen
Achtung, Zeitsprung: Im 16. Jahrhundert kam der Leinenbody auf und um alles zu stützen, was gestützt werden musste, wurden harte Materialien wie z.B. Holz oder Stahl eingearbeitet. Begeistert war niemand davon. Deshalb tauchte im 18. Jahrhundert das Korsett auf (welches nur minimal bequemer war) und das Schönheitsideal rund um die Silhouette der Sanduhr-Figur. An Atmen war wieder kaum zu denken. Je enger geschnürt wurde, umso grösser die Verletzungsgefahr von Organen.
A Star is Born
Korsagen wurde man nie so richtig los, obwohl Anfang des 19. Jahrhunderts eine Gegenbewegung stattfand. Die Trendwelle rollte Richtung Unterhemden. Jedoch war die Gesellschaft noch nicht bereit für die Vorreiter von #freethenipple. Also fand man einen Kompromiss. Es wurde getüftelt, aus zusammengeknöpften Taschentücher und Hosenträger erste Modelle gebastelt – bis es 1914 so weit war: Mary Phelps Jacob beantragte das Patent auf den ersten BH. Somit gilt die Amerikanerin als Erfindern des ikonischen Kleidungsstücks.
Hallo Früchteschale, adieu Korsetts
Seit den 1950ern erlebte der Bustier in jeglichen Farben, Formen und Materialien seine Hochzeit. Fun Fact: Körbchengrössen wurden damals noch an Früchten gemessen, z.B. A-Cups = halbe Zitrone, B-Cups halbe Orange oder C-Cups halbe Grapefruits.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Die 60er- und 70er-Jahre waren keine einfache Zeit für den Büstenhalter. Feministinnen interpretierten das Kleidungsstück als eine Art Unterwerfung von Frauen. Viele boykottierten deshalb den BH, manche verbrannten ihn sogar.
Engel eilen zur Hilfe
Trotzdem setzte sich der BH aufgrund seines Komforts durch, die Weiterentwicklung war nicht mehr aufzuhalten. Draht- und Kunststoffbügel kamen auf den Markt, elastische Stoffe und verstärkte Körbchen revolutionierten die Branche – der berühmt berüchtigte Push-up-BH brachte wieder etwas Sex-Appeal in die Unterwäsche-Welt. 1995 fand die erste Victoria’s Secret-Show in New York statt und in Hollywood-Produktionen hatte das Teil immer häufiger einen Auftritt. Das Tragen von BHs wurde endgültig normalisiert.
Im Hier und Jetzt mit BH
Wie hätte wohl eine Dame aus dem griechischen Sparta reagiert, wenn wir ihr erzählt hätten, dass wir heute trägerlose, gepolsterte und rückenfreie BHs auf der Strasse als Oberteil tragen? Ab den 2000ern wurde der Büstenhalter immer beliebter, farbiger und kreativer. Zwar hat er sich über die Jahrhunderte verändert, seine Grundform ist aber noch die gleiche. Nun stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob die Generation Z durch Trends wie #freethenippel für das endgültige Aussterben des BHs sorgen wird? Bis dahin unterstützen wir unsere Brüste aber gerne noch im Alltag.