Eines Morgens im Sommer – er lag noch im Bett, ich machte mich fürs Büro fertig – kam ich in einem Leo-Kleid (siehe oben) und schwarzem Oversize-Blazer ins Schlafzimmer. Ich schlüpfte in meine Adiletten und beugte mich wohlgesinnt zum Abschiedskusse, da blinzelte er kurz und murmelte: «Du sieht aus wie ne Oma auf Malle.» Ich wünschte ihm ewigen Schlaf und fragte mich: Wie zur Hölle würde ich aussehen, wenn er meinen Kleiderschrank kuratieren würde?
Die Ausgangslage: Er, 28, hat Jura studiert, mag weisse T-Shirts und wünscht sich nichts mehr als eine lebenslange Gratis-Flatrate bei Uniqlo. Er verachtet Jogginghosen abseits der Couch und würde wohl die heiss ersehnte Canada Goose Jacke tragen, wenn ich nicht vehement die Stimme erheben würde. Ich bin ein (sagen wir klein) bisschen älter als er und würde von mir behaupten, dass ich mich mit Mode besser auskenne. Da standen wir nun vor meinem Schrank: Der (selbst ernannte) Spiesser, der Wert auf Stilbrüche legt und die Moderedaktorin mit einem Faible für Schimmerndes und Voluminöses. Sehr gerne auch in Kombination. Genau da liegt laut ihm das grösste Problem an meinem zugegeben bunt zusammengewürfelten Fundus —>
Der Hasslook: «Zu viel Glitzer, Lack und Tiere im Schrank»
Man kann sich kaum vorstellen, wie schnell die Sache mit dem Look gebastelt aus allen Klamotten, die er nicht mag, über die Bühne ging. Der Schrank ging auf und mit spitzen Fingern und sicherer Hand wurden Leotop, Lackhose und mein Lieblingspelzmantel (Fake Fur natürlich) herausgepickt. Die vermeintliche Grässlichkeit wurde gekrönt von spitzen (!!) Schuhen und langen (!!) Ohrringen. Warum Letztere so abstossend sind, konnte er nicht erklären. Die Gefühle aber waren intensiv, das Gemüt stark erhitzt. Meins auch. Denn genau so würde ich nämlich sofort ausgehen, ich kann mich mit dem Look komplett identifizieren. Ich mag es, ein bisschen wie ein Zuhälter auszusehen. Mode ist schliesslich ein Spiel. Für meinen Freund keineswegs. Haltet euch fest: «Für deinen Kleiderschrank wünsche ich mir mehr Basics — ja mehr Klarheit.» Pff, der soll sich erst mal klar darüber werden, was an spitzen Schuhen so schrecklich ist.
Lieblingslook 1: Unten spiessig, oben lässig
Seit Neustem besitze ich gefütterte Loafer. Er ist ja so neidisch. Spiessigkeit meets winterfest – bahnbrechend! Die Objekte der Begierde in Kombination mit Anzughose und weissem T-Shirt (von ihm) ergeben für ihn den gewünschten Stilbruch. Ich finds hübsch. Was übrigens sein Traumlook wäre: Jeans, Converse, T-Shirt und Burberry Trenchcoat. Als ich ihn darauf hinwies, dass ich sehr wohl auch einen Trenchcoat besitze, hiess es nur: «Deiner ist so gross und weit geschnitten, der sitzt überhaupt nicht.» Ok cool, dann Burberry zu Weihnachten…?
Lieblingslook 2: Oben spiessig, unten (nach)lässig
Was auch immer geht: Nackte, gebräunte Haut. Zweiteres kann ich momentan leider nicht bieten. «Das Poloshirt und die Loafers sind schön klassisch. Dass das Polo als Kleid getragen wird, bringt Laszivität rein.» Andere würden sagen, er habe beim Styling die Hose vergessen. Grundsätzlich mag ich das aber. Wenn das Oberteil einen Ticken länger wäre und meine Beine mal Sonne gesehen hätten: Im Sommer jederzeit gerne!
Lieblingslook 3: Basics und Bad Taste
Mit Jeans und T-Shirt fährt man ja generell gut, das hat selbst der Jurist erkannt. Erstaunlicherweise hat er dazu weder Blazer, noch Heels ausgesucht (liegt eventuell daran, dass die meisten, die ich besitze, spitz zulaufen), sondern Sneakers und diese so «unsägliche» Daunenjacke mit dem schrecklich kitschigen, verschneiten Bergpanorama (mit Tannen!) drauf. Er hat noch darüber gelacht.
Was später geschah:
Konsequenz ist nicht sein Ding. Drum: Schenkt Männern in Sachen Mode keine Beachtung. Sie finden euch gut, egal, was ihr tragt. Oder eben genau deswegen.