Die Familienfirma ist über 160-jährig, das Handwerk so alt wie die Menschheit: In Oberdiessbach und im Wallis verarbeitet die G. Neuenschwander Söhne AG Häute und Felle von Schlachttieren. Finken, Mäntel oder Kappen sind seit jeher Traditionsprodukte. Neu gibt es unter der Marke Marai nun auch Accessoires aus feinstem Ziegenleder und kuschligem Schaffell. Die Expertise dazu liefert Nina Conrad, Nachhaltigkeitsexpertin für die Leder- und Textilindustrie.
Viele empfinden Schaffelle als rustikal. Wie schaffen Sie den modernen Look?
Nina Conrad: Nicht alle Schaffelle wirken rustikal. Im Jahr fallen schweizweit gut 250 000 davon an. Wir wählen sorgfältig aus – nur kuschlige, qualitativ hochwertige mit Potenzial. Dabei nutzen wir, was sonst ungenutzt entsorgt würde. So wird ein traditionelles Material in zeitgemässes Design verwandelt. Verfilzte Felle oder die von als Impfkennzeichnung gesprayten Schafen können wir nicht nutzen.
Wie kam es zur Labelgründung?
Ich arbeite seit vielen Jahren in der Lederindustrie. Der Familienbetrieb G. Neuenschwander Söhne AG war ursprünglich ein Händler für rohe Kleintierfelle, fuhr mit der Kutsche von Hof zu Hof und in die Gerberei in Oberdiessbach. Um mit seinem randvollen Rohwarenlager mit Fellen von Gitzi, Fuchs, Schaf, Hasen und anderen Wildtieren ein Wertschöpfungsprojekt umzusetzen, kam die Traditionsgerberei auf mich zu. Mein Konzept: Aus diesen hochwertigen Materialien stilvolle Accessoires zu entwickeln. Marai war geboren.
Wie sieht der Entstehungsprozess Ihrer Produkte aus?
Die Idee ist, zeitlose und reparable Designs zu schaffen. Die Moodboards erstelle ich, die technischen Zeichnungen unsere Designerin Angela Thurnherr. Am Prototyp werden Finessen angepasst. Verarbeitet wird ausschliesslich vegetabil gegerbtes Leder ohne chemisches Finish.
Was bedeutet der Winter für Sie persönlich?
Lange Nächte, ein wärmendes Feuer und die Behaglichkeit von Naturmaterialien wie Wolle, Felle und Leder. Das ist für mich pure Geborgenheit.