Schön hier. Am letzten heissen Sommertag 2018 sitzt ein entspannter Bastian Baker, 27, im Restaurant Paradies in Schlatt TG, direkt am Rhein, und kann sich nicht entscheiden: Fitnessteller mit Poulet oder Kräuterspätzli mit Rahmgeschnetzeltem? Eigentlich sei er auf Diät, weil Tour und so. Wobei «Tour und so» leicht untertrieben ist, denn es bedeutet in diesem konkreten Fall unterwegs mit Superstar Shania Twain, rund achtzig Konzerte auf vier Kontinenten, Fernsehauftritte, Interviews und der hartnäckigen Frage ausweichen, wer denn nun wirklich seine Freundin war, ist oder sein wird. Ach, und Ende Oktober erscheint ausserdem «Bastian Baker» (Phonag Records), Album Nummer vier. Viel zu tun, den Zuschlag erhält deshalb das Rahmgeschnetzelte …
Style: «Bastian Baker» ist Ihr viertes Album, aber Sie nennen es Ihr zweites Debüt. Wie kommts?
Bastian Baker: Die ersten drei sind alle nacheinander gekommen, alle zwei Jahre, und ich habe alle nach dem gleichen Prinzip gemacht: kurze Zeit live im Studio mit allen Musikern, anschliessend Vocals, Overdubs, mischen, Mastering, fertig. Ich habe nie wirklich Demos vorbereitet. Es war immer alles sehr schnell gemacht und eingespielt. Es hat einfach gepasst, die Songs haben immer gepasst.
Wem hats gepasst?
(Lacht.) Na, mir hats gepasst! Und dem Publikum. Einige meiner Songs wurden mit Gold oder gar Platin ausgezeichnet und waren in den Charts oft vorne mit dabei. Aber nach diesen ersten drei Alben wollte ich etwas anderes machen, wollte mehr Zeit fürs Komponieren und mehr Songs, aus denen ich wählen kann.
Anders auch beim Musikstil?
Absolut. Deshalb habe ich mit sehr vielen verschiedenen Leuten gearbeitet. Das habe ich vorher nie gemacht, da habe ich einfach jeden Song mit der Gitarre angefangen und dann Melodien gefunden. Das ist, was ich mache, ich finde Melodien. Darum bin ich nach Amerika gegangen, habe sehr viel Zeit in Los Angeles, New York, Nashville und Toronto verbracht und um die sechzig Lieder geschrieben. Und von diesen sechzig Liedern, die alle in unterschiedlichen Styles komponiert sind, werden vierzehn auf dem neuen Album sein. Ich sage also deshalb, dass es wie ein zweites erstes Album ist, weil ich mich fühle wie vor meinem Debüt: unsicher, aufgeregt. Ich bin gespannt auf die Feedbacks, ich weiss, dass es etwas Neues wird.
Im Lied «Young» singen Sie: «Life is a game, we learn to play.» Wissen Sie denn jetzt, wie das Spiel läuft?
(Wiederholt die Zeile singend.) Ich lerne jeden Tag ein bisschen mehr.
Was haben Sie heute schon gelernt?
Ich bin immer offen, das Leben besteht für mich aus Lektionen. Mit 21 dachte ich, ich sei ja soo erwachsen, und mit 23 habe ich zurückgeschaut und gedacht: «Gott, war ich blöd.» Mit 25 habe ich zurückgeschaut und dasselbe gedacht. Ich habe jetzt einfach aufgehört zu glauben, dass ich erwachsen bin. Ich bin, wie ich bin, lerne jeden Tag was – so rum ists mir lieber.
Haben Sie sich mittlerweile gefunden?
Ich hoffe nicht! Ich bin erst 27, freue mich auf die Zukunft, aufs Älterwerden, auf all die geilen Erlebnisse, die noch kommen. Dieses Jahr war für mich das grossartigste, das es je gab, ich mein, ich bin auf Welttournee! Mit Shania Twain! Für einen Schweizer Act ist das ziemlich unerwartet und grossartig. Wir spielen in all diesen Stadien, ich bin in den USA auf Plakaten zu sehen, im Fernsehen, in Magazinen – das ist wirklich lässig, gibt mir neuen Drive.
Nutzt es sich irgendwann ab, wenn man täglich vor einem Riesenpublikum steht und immer wieder dasselbe Programm spielt?
Also manchmal finde ich mich richtig langweilig. Ich bin auf der Bühne, mache zum vierten Mal die gleiche Show, die gleichen Witze, und wenn du selbst nicht mit dir zufrieden bist, spüren das alle anderen sofort auch.
Eigentlich sagen ja die Künstlerinnen und Künstler immer, es sei stets neu ...
Ich mach es eben jedes Mal neu. Sobald ich merke, dass ich mich wiederhole, ändere ich die Set-List, rede mal mehr, mal weniger mit dem Publikum. Du musst dich immer wieder neu reindenken, besonders wenn du nur mit deiner Gitarre da oben stehst und 50 000 Leute unterhalten musst. Das braucht Selbstvertrauen.
Was ist Liebe für Sie?
Das ist nicht schwierig zu beantworten. Die grösste Liebe kommt von meiner Familie, meinen Freunden. Ich liebe den Rhein (lacht) und Wasser mit Kohlensäure. Liebe hat für mich nicht ausschliesslich mit Beziehungen zu tun.
Haben Sie jetzt gerade eine?
Ich rede nicht über mein Privatleben, das behalte ich alles ein bisschen geheim.
Sind Sie lieber unter Menschen oder allein?
Beides eigentlich. Ich reise ja die meiste Zeit allein, da verbringe ich viel Zeit mit meinen Gedanken, und das mag ich auch ganz gern. Aber ebenso liebe ich gute Gespräche. Mit Shania und ihrem Mann sitze ich fast nach jedem Konzert zusammen. Manchmal sogar bis sechs Uhr früh. Wir trinken ein bisschen Rotwein und denken uns die Welt neu. Es gibt selten Menschen wie sie, die so interessant sind, dass du eine ganze Nacht durchquatschen kannst.
Und zu welchem Ergebnis kommen Bastian und Shania um sechs Uhr früh nach ein bisschen Rotwein?
(Zwinkert und lacht.) Dass es noch mehr Rotwein braucht.
Welchen Ort Bastian Baker seine Heimat nennt, was er über seine Kritiker denkt und wie schlecht er tatsächlich in Geografie ist, verrät die neue Style – jetzt am Kiosk!