2018 hat fantastisch begonnen in Down Under: Belinda Bencic gewann an der Seite von Roger Federer den Hopman Cup. Und bezwang wenig später am Australian Open Venus Williams, die damalige Nummer fünf der Welt. Doch danach gabs nur noch wenig Anlass zu Freudensprüngen. Und es kam sogar noch schlimmer: Die grösste Hoffnung im Schweizer Frauentennis hatte eine Entzündung am Fuss. Die Ostschweizerin, die 2013 in Paris und Wimbledon das Turnier der Juniorinnen gewann, ein Jahr später bereits zu den besten hundert der Welt und kurz vor ihrem 19. Geburtstag zu den Top Ten in der WTA zählte, musste erneut verletzungsbedingt pausieren. Jetzt ist sie erfolgleich zurück auf dem Platz! Wir trafen die 21-Jährige vor ihrer Rückkehr zum Interview und Fotoshoot im Grandhotel Villa Castagnola in Lugano. «High Heels tragen darf ich nicht», winkte sie damals bedauernd ab. Nur im Sitzen und für ganz kurz. Sie erteilt uns nicht nur eine Lektion, was äusserste Disziplin bedeutet, sondern auch, mit wie viel Klasse eine Spitzensportlerin Tiefschläge wegsteckt.
Style: Wie geht es dir?
Belinda Bencic: Ganz gut, danke. Meine Verletzung ist halt total frustrierend. Ich versuche, für Roland Garros in Paris zurück zu sein. Weil ich so lange nicht mehr auf Sand gespielt habe, hege ich aber keine grossen Erwartungen.
Deine frühere Trainerin Melanie Molitor, die Mutter von Martina Hingis, sagt, du hättest immer mehr trainiert als alle anderen. Sind die Verletzungen vielleicht Spätfolgen davon?
Melanie hat sicher recht damit, dass ich mehr als andere gearbeitet habe. Ich habe von Natur aus nicht das beste Ballgefühl. Auch heute noch muss ich härter trainieren als andere, um mich auf dem Platz gut zu fühlen. Ich hatte früh Erfolg und spielte oft gegen Grössere. Und weil ich erfolgreich war, war ich länger in den Turnieren, mein Teenagerkörper hielt das nicht aus, weil er dabei war, Frau zu werden. Auch in den letzten Monaten habe ich zu viel gespielt und bezahle nun den Preis. Jetzt versuche ich, meine Turniere cleverer zu planen und bereits im Training mehr auf meinen Körper zu hören.
Du hast mit Roger Federer den Hopman Cup im australischen Perth gewonnen. Wie ist es, mit ihm zu spielen?
Das war ein Wahnsinnshighlight für mich, schade, zählt der Cup nicht als richtiges Turnier. Roger hilft einem viel, ich habe mich sehr gefreut, war aber extrem nervös. Roger ist ja so lieb.
Pflegst du Rituale, um deine Nervosität in den Griff zu bekommen?
Oh ja, ganz viele. Wir Tennisspieler sind diesbezüglich ein bisschen verrückt. Ich muss beispielsweise meine Tennistasche auf eine ganz bestimmte Weise packen. Zuunterst kommen die Kleider, die ich nach dem Match anziehe: für die Pressekonferenz, Physio etc. Darüber die Sachen, die ich beim Match brauche. Da habe ich immer zwei Outfits dabei, falls bei einem etwas reisst, zwei Röckli, zwei T-Shirts, die richtigen Tops für darunter, Schirmmützen, Schweissbänder. Darüber lege ich die Kleider, die ich zum Einspielen brauche.
Ich bin eine Frau und kein Supermodel. Wie andere über meinen Körper urteilen, ist mir vollkommen egal.
Hast du einen Glücksbringer?
Einige – von Menschen, die mir viel bedeuten. An meiner Sporttasche einen fluffigen Pompon und einen glitzrigen Schmetterling, das Geschenk eines Kollegen. Von Mami einen Glücksstein, den ich, seit ich sechs war, immer dabeihabe. Und einen Anhänger einer Diddl-Maus mit Tennisschläger. Diddl-Dinge sammelte ich als Kind. Ich hatte ihn verloren, aber jetzt endlich wiedergefunden.
Venus Williams sagt: «Am Ende des Tages gehts nur ums Gewinnen. Verlieren ist ein miserables Gefühl!»
Das stimmt, es ist das Schlimmste für einen Spitzensportler. Ich hasse es! Man spürt plötzlich so eine Leere, eine bleischwere Enttäuschung. Schrecklich. Wenn ich verliere, bin ich fix und fertig.
Gemäss WTA hast du bis jetzt über 3,2 Millionen US-Dollar an Preisgeldern gewonnen. Was machst du mit so viel Geld?
Vor den Steuern. Ich habe hohe Ausgaben: Flüge und Hotelunterkünfte für mich und mein Team, Saläre, in Monte Carlo habe ich eine Mietwohnung. Meine Einkünfte gehören der ganzen Familie.
Gönnst du dir auch einmal etwas Schönes?
Als ich jünger war, ab und zu. Vor allem in den grossen Städten mit ihren Luxusboutiquen, die man in der Schweiz nicht so kennt. Zumindest nicht dort, wo ich aufgewachsen bin. Aber inzwischen interessiert mich Shopping weniger. Meine Lieblingslabels sind Guess und Zara, keine teuren Marken. Wenn ich ein wenig Freizeit habe, erkunde ich die Stadt und fotografiere, die Bilder bearbeite ich mit Filtern, bis sie künstlerisch wirken, das bereitet mir Freude.
Deinen linken Ringfinger ziert der Schriftzug «Love». Bist du verliebt?
Diese Frage musste ja kommen (lacht). Ja, ich habe einen Freund, aber ich erzähle es nicht herum. Wir kennen uns erst seit wenigen Monaten. Er lebt nicht in der Schweiz und hat nichts mit Tennis zu tun. Es ist wichtig für mich, dass ich so etwas Persönliches für mich behalten darf und nicht mit der ganzen Welt teilen muss.
Du bekommst mitunter auch zu hören, du brächtest zu viel Gewicht auf die Waage.
Die Leute kennen mich, seit ich sechzehn war, damals noch als Spränzel. Ich bin jetzt eine Frau und kein Supermodel. Wie andere über meinen Körper urteilen, ist mir egal. In die starken Schläge muss man Wucht reinbringen. Natürlich kann ich nicht mehr wie früher essen, was ich will, am Abend muss ich aufpassen. Wenig Kohlenhydrate zu mir nehmen. Diät halte ich aber nicht.
Wir finden, das musst du auch gar nicht, Belinda! Stattdessen wollen wir noch mehr von dir hören! Ihr auch? In der aktuellen Style gibt es das komplette Interview der Schweizer Tennishoffnung zu lesen.