Ein Blick genügt, und man ist fasziniert von der Leidenschaft, mit der die 31-Jährige ihren Weg geht. Die Finger, mit denen sie sich oft durchs platinblonde Haar fährt, sind noch voller Farbe, der Kopf voller Eindrücke der am Bau verbrachten Stunden. Chrissy Angliker erzählt von ihrem aktuellen Projekt, Selfies auf Leinwand und warum ihre Loft in Brooklyn ganz sicher Geist-frei ist.
SI Style: Was wollten Sie als Mädchen werden?
Chrissy Angliker: Stuntwoman. Mein Lieblingsfilm war «Indiana Jones» und ich wollte die Abenteuer auch erleben.
Könnten Sie durch Ihre Bilder in eine andere Welt reisen, wie sähe es dort aus?
Es hätte keine Grenzen. Alles würde fliessend in einander übergehen, es gäbe keine Länder, keine unterschiedlichen Völker. Gegenstand meiner Malerei ist, was sich dazwischen befindet. In meinen Bildern würde uns nichts trennen. Wir wären eine komplette Einheit.
Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem 16-jährigen Ich geben?
Girl, du hast so viel Mut! Es wäre cool, könntest du deinem 31-jährigen Ich diesen Mut zurückgeben. Ich habe damals wichtige, grosse Entscheidungen getroffen und bin sehr stolz auf mein 16-jähriges Ich. Das ist die Zeit, an die ich denke und wohin ich gefühlsmässig zurückkehre, wenn ich mir heute Sorgen mache oder Angst habe.
Sind Sie ein Morgen- oder ein Nachtmensch?
Ich stehe zwar nicht sehr früh auf, aber wenn ich male, ist das in der Regel am Morgen oder Vormittag. Wenn es dunkel wird, werde ich müde.
Woran arbeiten Sie gerade?
Auf der Sollbruchstelle 03 in Zürich. Ich erschaffe ein Studio, meinen «heiligen Boden» als Raum-Installation. Die Werke, die man als Künstler dort kreiert, werden mit dem Bau abgerissen. Sie sollen vergänglich sein. Um mein Studio real entstehen zu lassen, male ich fokussiert meine Bilder. Die Farbe, die dabei auf den Boden tropft und an die Wände spritzt, kreieren über die Zeit meinen eigenen Raum. Vier Gemälde möchte ich schaffen, die dann wiederum mit Bildern aus Brooklyn in meiner Solo-Ausstellung im August bei Galerie 94 in Baden zu sehen sein werden.
Wovon träumen Sie?
Was ich mir wünsche ist, das zu kultivieren, was ich bisher erreicht habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Und dass ich beide Lieben ausleben darf, die zur Malerei und zu einem Partner.
Was ist ihr wertvollster Besitz?
In Bezug auf Dinge ist es meine Schweizer Maskensammlung. Ich sammle seit ca. zehn Jahren «Tschäggättä», Folklore-Kunst Masken und besitze etwa 30 Exemplare. Die finde ich nur auf den Schweizer Flohmärkten weil mir wichtig ist, dass sie schon mal in Gebrauch waren und man an sie geglaubt hat. Sie sollen böse Geister vertreiben. Mein zu Hause in Brooklyn ist ganz sicher Geist-frei dank all den Masken!
Ihre Tugend?
Wenn ich etwas mache, dann richtig, mit ganzem Herzen. Und wenn ich zuhöre, dann mit voller Aufmerksamkeit.
Wofür geben Sie gern Geld aus?
Für vintage Sonnenbrillen.
Was stand in der letzten SMS, die sie geschickt haben?
Sie ging an meine Freundin Olivia: Aaaaaaah!!! Hahahaha!!!!!! Geillllllllll
Wohin sind Sie zuletzt gereist?
Von Brooklyn in die Schweiz.
Wo und wann sind Sie am glücklichsten?
Es gibt immer wieder sehr glückliche Momente. Vergangenes Wochenende feierten wir den Geburtstag einer meiner besten Freundinnen hier in der Schweiz. Wir haben als Überraschung einen alten umgebauten Tourbus gemietet; wir waren acht Ladies, mit manchen bin ich eng befreundet, seit ich elf bin. Da war ich sehr glücklich.
Welches Bild hat Ihr Leben beeinflusst?
Die Werke von Bram Bogart. Er ist mein Lieblingskünstler. Ich durfte sein Atelier in Belgien besuchen. Sein Sohn und mein guter Freund, Designer Bram Boo, hat es mir gezeigt. Bram Bogarts Werke bringen mich zum Weinen.
Wie wohnen Sie?
In einer Loft in Brooklyn mit meinem Kumpel Conor und zwei Katzen, Axl und Artaud.
Was liegt auf Ihrem Nachttisch?
Dort stehen eine alte Lampe und eine Glasschale mit meinen Steinen aus Maine. Ich besuche dort oft ein altes Ehepaar und gehe an meinen Lieblingsstrand Stony Beach. Die Steine dort sind sehr rund und glatt geschliffen vom Meer. In der Schale liegt auch die Brosche meiner verstorbenen Grossmutter. Und eine New-York-Brosche mit Glitzersteinen von meiner Mutter.
Welcher Duft erinnert Sie an die Schweiz?
Sobald ich aus dem Flieger aussteige, schon wenn ich durch den Gang ins Flughafengebäude gehe, rieche ich die Schweiz. Die Luft ist ganz anders als in New York.
Was nehmen Sie immer aus der Schweiz mit?
Aromat, Rivella, Biber, Cervelat (manchmal), abgepacktes Raclette, Lippenpomade Dermophil.
Wie beschreiben Sie Ihren Stil?
Ein bisschen verstrubbelt. Minimal. Ich lege Wert auf Texturen, trage viel Schwarz und wenig Schmuck, wenn, dann hat er Bedeutung.
Hängen in Ihrer Wohnung Bilder von Ihnen?
Nur ein ganz altes kleines Mischtechnik-Bild von den Alpen.