Also gut, ich habs versprochen. Dass ich irgendwann an dieser Stelle über meine Dating-Erfahrungen als Frau Mitte vierzig schreibe. Packen wirs also an. Zuerst müsst ihr aber wissen, wie ich überhaupt bei Bumble und Tinder gelandet bin. Die Anekdoten gibts dann später.
Nach zwanzig Jahren Beziehung war ich also als Frau mittleren Alters wieder Single. Nachdem der erste Schock und die Phase der totalen Hilflosigkeit durch waren, sah ich mich irgendwann mit der Frage konfrontiert, wie ich das eigentlich grad so halten möchte mit dem anderen Geschlecht (und mit zwei Freundinnen, die mit sehr viel Nachdruck versuchten, mir Dating-Apps schmackhaft zu machen). Klar war mir zu diesem Zeitpunkt nur eines: Eine feste Partnerschaft kam nicht infrage. Vielleicht nie wieder. Aber den Rest meines Lebens auf spannende Begegnungen und Sex verzichten? Das konnte es ja irgendwie auch nicht sein.
Dating-Apps? Die verband ich mit totaler Verzweiflung
Nun ist es nicht so, dass ich im «echten Leben» keine Leute kennen lerne. Aber erstens haben neue Bekanntschaften fast immer mit meinem Job zu tun, und ich konnte mich ja schlecht durch all meine Business-Kontakte flirten. Zweitens muss man in späteren Jahren damit rechnen, dass die meisten Leute, die man kennen lernt, vergeben sind. Drittens hatte ich mal Lust, eben Leute zu treffen, die mir sonst nicht so über den Weg laufen. Aber Dating-Apps? Das verband ich irgendwie mit totaler Verzweiflung. Und ich war verzweifelt auf der Suche nach vielem – nach einer bezahlbaren Wohnung für mich und zwei Teenager, nach meinem Selbstwert, nach dem, was ich früher einmal war, nach meinem Seelenfrieden. Aber ganz bestimmt nicht nach einem Mann. Ausserdem: Was, wenn da jemand war, der mich kannte? Der Gedanke war mir extrem unangenehm.
«Mein erstes Date liess sich innerhalb einer halben Stunde total vollaufen und erzählte wortreich vom Unverständnis für seine Ex»
Schliesslich siegte meine Neugier, und ich meldete mich erst mal bei Bumble an. Auf dieser App muss die Frau den Mann anschreiben, umgekehrt geht nicht. Was nicht vor hirnlosen Idioten schützt, wie ich später herausfinden sollte, aber so machte mir das Ganze nicht ganz so viel Angst. Ich schmiss ein paar Fotos auf mein Profil, ohne gross zu überlegen. Und ohne Filter. Wenns es zu einem Treffen kommen würde, konnte ich mich ja auch nicht filtern, also spielte ich lieber gleich von Anfang an mit offenen Karten. Zumindest fast. Meinen richtigen Namen anzugeben, brachte ich nicht übers Herz. Auf die Frage, wonach ich suchte, klickte ich «das weiss ich noch nicht» an, und schrieb einen Satz dazu, von dem ich ziemlich sicher war, dass er die Spreu vom Weizen trennen würde: «Ich fände es nicht ganz falsch, wenn du «das» und «dass» unterscheiden kannst.»
Sagen wirs mal so. Es hat so halb geklappt. Mein erstes Date sprach nur Englisch, liess sich innerhalb einer halben Stunde total vollaufen und erzählte mir wortreich von seinem Unverständnis für seine Ex, die nicht damit umgehen konnte, dass er fremdgegangen war. Aus irgendeinem seltsamen Grund hat mich das nicht dazu gebracht, die App zu löschen. Zum Glück. Denn sie bescherte mir wirklich einige spannende Begegnungen – immer wieder auch mit mir selbst. Und am Ende gar das, was ich wirklich nicht gesucht hatte.
Fortsetzung folgt.