Feminismus ist ein grosses Wort und die Auslegungen sind so individuell, wie die Vertreterinnen und Vertreter (ja, auch Männer können Feministen sein). Die #metoo-Bewegung hat dem Thema, das mindestens seit dem 13. September 1968 mit dem legendären Tomatenwurf an der 23. Delegiertenversammlung des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) auf dem öffentlichen Radar war, ordentlich Schub verliehen.
Der moderne Feminismus hat den Staub des Über-Intellektuellen abgeschüttelt und präsentiert sich facettenreicher denn je. Eine heiss, kontrovers und intensiv diskutierte Facette heisst Emily Ratajkowski. Weshalb die 27-Jährige berühmt ist? 2013 tanzte sie nackt im «Blurred Lines»-Video von Robin Thicke feat. Pharrell Williams. Auch fünf Jahre später wird rund um die Welt zu dem Lied, das manche Kritiker als Ode an die Vergewaltigung identifizierten, getanzt und gesungen.
Ein zweites Highlight aus Emilys Karriere? Für den Adventskalender des Love Magazines wälzte sie sich nur mit Unterwäsche bekleidet in öligen Spaghetti herum. Am Pasta-Video entzündete sich spätestens als der britische TV-Moderator Piers Morgan in «Good Morning Britain» darüber berichtete, die Debatte, was Feministinnen (oder Frauen im Generellen) dürfen. Er definierte Emily als Antithese zum modernen Feminismus. Seine Argumentationslinie: Taylor Swift sei die Nummer-1-Feministin, von ihr gebe es keine Nacktbilder. Ratajkowskis Ansatz irritiere ihn. Oder anders formuliert: Frau, wirf dir was über, so geht das doch nicht mit diesem Feminismus.
Emilys Reaktion? Man lese:
Um die Ratajkowski’sche Feminismus-Schule zu verstehen, knöpfen wir uns ihre aktuellste Empowerment-Kampagne vor. Die entfaltet sich an einem Strand in Australien. Das Accessoire: der vermutlich knappste String-Bikini, den wir je gesehen haben, aus ihrer eigenen Kollektion. Emily reiste für die Verleihung des GQ «Woman of the Year»-Awards nach Sydney. In ihrer Rede nimmt sie den Ball auf: «Es geht darum, facettenreich zu sein. Es geht darum, am Strand einen String-Bikini zu tragen und auch an einer Protest-Aktion.»
Denn wie sie in einem Interview mit der französischen Grazia deutlich machte: «Feminismus bedeutet für mich, die Wahl zu haben: sozial, sexuell und am Arbeitsplatz. Es geht um diese Freiheit. Sobald man hier Regeln aufstellt, hat man’s nicht verstanden. Jede und jeder will unterschiedliche Dinge. Und für Männer existieren solche Regeln nicht.» Für sie sei alles, womit sich eine Frau wohl fühle, in Ordnung. Für die einen sei das halt ein String-Bikini und für andere eine Burka. «Feminismus soll Frauen befreien und nicht einengen.»
Mit dieser Logik im Hinterkopf wird klar, weshalb Emily Ratajkowski Recht hat, wenn sie sagt, ihr Instagram-Feed sei eigentlich ein feministisches Magazin. Für sie ist er das. Weil ihr Körper und was sie damit macht, ihr individuelles feministisches Statement sind. Eine Facette halt.