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Mittelklasse

Liebe Frauen, datet jüngere Männer!

Gut zweieinhalb Jahre lang hat unsere Kolumnistin per App gedatet. Dass da die eine oder andere seltsame Begegnung dabei war, hat sie euch bereits erzählt. Aber nicht nur.

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Sandra Casalini Blog der ganz normale Wahnsinn

Kinder, Küche, Karriere – und keine Lust auf Beziehung. Zumindest nicht die erste Zeit nach der Trennung vom langjährigen Partner.

Lucia Hunziker

ch habe online auch ganz tolle, total witzige Männer kennen gelernt, hatte grossartige Unterhaltungen, lustige Abende oder auch mal mehr. Abgesehen davon, dass ich nicht bereit gewesen wäre für eine Beziehung zu diesem Zeitpunkt, wäre auch kaum einer dieser Männer dafür in Frage gekommen für mich. Und genau das war das Faszinierende, vermutlich für beide Seiten.

Einer war gut zehn Jahre jünger als ich und hatte eine politische Einstellung, dass mir alle Haare zu Berge standen. Aber er war einer der witzigsten Typen, die ich je getroffen habe. Ich habe abendelang Tränen gelacht. Ein anderer sprühte vor Intelligenz und Witz – und hatte einen leichten Hang zu Depressionen. Ersteres sorgte für jede Menge spannender Unterhaltungen, letzteres war nicht mein Problem. Einer hatte immer gute Laune, immer Lust, etwas zu unternehmen und einen Wahnsinns-Body. Und ist in den sechs Monaten, in denen wir uns hin und wieder getroffen haben, aus drei Jobs rausgeflogen (und hatte auch sonst sein Leben nicht so richtig im Griff). Ich hab die Treffen genossen und dazwischen keinen Gedanken an ihn verschwendet.

«Fast jeder Mann in meinem Alter schob spätestens beim dritten Date Panik, ich würde «mehr» wollen»

Was ich wirklich jeder Frau Mitte vierzig raten kann, wenn ihr keine ernsthafte Beziehung sucht: Datet jüngere Männer! Warum? Fast jeder Mann in meinem Alter, den ich mehr als einmal getroffen habe, schob spätestens beim dritten Date Panik, ich würde «mehr» wollen – auch wenn ich immer von Anfang an kommuniziert habe, dass das nicht der Fall ist. Die allermeisten Männer haben ein wahnsinnig klischiertes Frauenbild im Kopf: Jede Single-Frau sucht insgeheim eine Beziehung, auch wenn sie sagt, dass sie das nicht tut. Eine Frau, die «datet wie ein Mann», also tatsächlich locker und nicht auf der Suche nach Verpflichtungen? Faszinierend zwar, aber auch ein bisschen angsteinflössend. Jüngere Männer hingegen fanden das total easy. Denen war von Anfang an klar, dass auch für mich klar war, dass das nichts Längerfristiges ist. Diese Affären (nennen wirs doch beim Namen), waren einfach das, was sie waren: locker, ungezwungen, und irgendwann vorbei.

Solche Begegnungen haben einen anderen Zweck und einen anderen Stellenwert als «ernste Beziehungen». Ehrlicherweise geht es dabei nämlich nur am Rande um die andere Person. Für mich ging es nach zwanzig Jahren Beziehung zuerst einmal drum, meinen «Marktwert» zu testen – wie sonst sollte ich wissen, ob ich überhaupt noch so halbwegs ankomme beim anderen Geschlecht? Und dann gehts – ich gestehe – ums Ego. In meinem Fall nicht mal so sehr darum, dass mein «Marktwert» immer noch total in Ordnung war. Nach der Trennung vom Vater meiner Kinder war ich an einem Punkt, an dem ich mich selbst total verloren hatte. Daten war so eine Art Experiment, bei dem ich mich selbst beobachtete, und Stück für Stück herausfand, was mich eigentlich ausmacht, was ich will, und was nicht. Jede dieser Begegnungen hat mir ein bisschen dabei geholfen, wieder ich zu werden. Und dafür bin ich dankbar.

Von SC vor 8 Stunden