«Hey, cooles Tattoo», gefolgt von «Was bedeutet es?» Die Sommergarderobe offenfarbt momentan die Tattoos von Redaktorin Rahel. Und die Leute haben Fragen:
Ich habe mir insgesamt vier Motive stechen lassen, langsam angesammelt über die Jahre. Und jedes Einzelne ist auf seine Art wichtig für mich. Wie wichtig genau, das wollen immer alle – auch flüchtige Bekanntschaften – wissen. Aber da sie auch eine Art Bilderbuch oder Karte meines Lebens darstellen, würde die Antwort auf diese Frage viel mehr Zeit beanspruchen und viel mehr Informationen beinhalten, als dir lieb ist, Person, die ich gerade erst kennengelernt habe.
Tattoos als Distinktionsmittel
Es gab eine Zeit, da waren Tattoos noch etwas für Individualisten. Immerhin haftete ihnen noch bis weit in die Achtzigerjahre ein Hauch von sozialem Aussenseitertum an. Ausserdem konnte man damit hervorragend seine Zugehörigkeit zu bestimmten Kreisen und Jugendkulturen zum Ausdruck bringen. Spätestens seit den Neunzigerjahren allerdings hat sich das Tattoo zum austauschbaren Massenphänomen entwickelt, man denke an Motive wie das berüchtigte Arschgeweih. Die Funktion als Distinktionsmittel haben die unter die Haut gestochenen Farbpigmente so inzwischen weitestgehend eingebüsst. Zumindest augenscheinlich.
Mein augenfälligstes Tattoo ist vermutlich das Dreieck, das ich mir auf den Oberarm habe stechen lassen. Auf der gegenüberliegenden Seite habe ich einen kleinen Anker auf dem Handgelenk. Richtig, das sind beides sehr klassische Tattoomotive und ja, ziemlich viele Menschen haben wohl Dreieck- und Ankertattoos. Das war mir bewusst, als ich sie mir stechen liess, und es hat mich offensichtlich nicht daran gehindert.
Klar: Gut überlegen, aber nicht zerdenken!
Natürlich sage ich nicht, dass man sich vor seinem ersten oder generell vor seinen Tattoos überhaupt keine Gedanken machen sollte. Ein Tattoo wird für immer Teil des eigenen Körpers sein, also sollte man ruhig mehr als nur 15 Minuten in die Suche nach dem richtigen Motiv, der richtigen Stelle oder der richtigen Künstlerin oder dem richtigen Künstler investieren.
Was ich damit sagen will: Es ist völlig legitim, sich etwas aus ästhetischen Gründen stechen zu lassen. Manche Menschen finden es offenbar schlimm, dass man sich aus einer Laune heraus, weil man einen Trend schön findet oder ein Motiv schlicht und einfach mag, ein Tattoo stechen lässt. Aber: Das alles macht einen noch lange nicht zu einer weniger tiefgründigen Person als die Menschen, die Tattoos nur dann gerechtfertigt finden, wenn sie ihrer Definition von Tiefsinnigkeit entsprechen.