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  4. Ozean-Abfall: Innovatives Verfahren von Tide Ocean
Heute ist World Oceans Day

Warum Abfall aus dem Meer kein Müll ist

Dem Basler Start-up Tide Ocean ist es gelungen, Plastik aus dem Meer zu recyceln. Aus dem Granulat und den Fasern werden Uhrengehäuse, Schuhbändel und Bikinis produziert. Für das innovative Verfahren wurden die beiden Gründer mehrfach ausgezeichnet.

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Tide Ocean - Handyhülle aus Ozean-Abfall

Jährlich sterben weltweit etwa 100 000 Meerestiere aufgrund von Kunststoffabfall.

Richard Carey - stock.adobe.com

Wer ein Start-up gründet und mit neuen Materialen experimentiert, sollte auf einiges gefasst sein. Das Basler Start-up Tide Ocean SA musste zum Beispiel den Schweizer Zöllnern erklären, dass sie keinen Abfall, sondern einen wertvollen Rohstoff importiert. «Wir sammeln Plastik aus den Ozeanen und an Stränden und verarbeiten dieses in der Schweiz zu einem Granulat oder zu Fasern. Damit können neue Produkte wie Möbel, Kleidung oder Accessoires hergestellt werden», erklärt Mitbegründer Marc Krebs. Sein Geschäftspartner Thomas Schori kommt aus der Uhrenindustrie. «Für unsere Armbänder aus Kunststoff waren wir auf Polyester angewiesen», erklärt er. «Vor drei Jahren habe ich mir überlegt, wie man dafür bereits vorhandenes Plastik verwenden kann. Und so kam ich auf den Kunststoffabfall aus dem Meer.» Für die Umsetzung der Idee wandte sich Thomas Schori an die Hochschule für Technik Rapperswil.

 

Tide Ocean - Handyhülle aus Ozean-Abfall

Marc Krebs (l.) und Thomas Schori mit einem Zahnrad aus Ozeanplastik – sie gründeten Tide Ocean SA im Jahr 2019.

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Bis dahin konnte Plastikabfall aus dem Ozean aufgrund der schweren Belastungen und Beschädigungen durch das Salzwasser und UV-Strahlen kaum wiederverwertet werden. Doch die Forscher entwickelten ein neues Verfahren. Seit der Gründung des Unternehmens im Sommer 2019 bis Ende 2020 konnte Tide Ocean damit 15 Millionen PET-Flaschen recyceln. 

Das Plastik stammt aus der Karibik und aus Südostasien, oft von kleineren Inseln. «Das Abfallproblem ist dort immens», sagt Marc Krebs. «Die Leute leben sozusagen mit dem Müll.» Einheimische Arbeiter sortieren und waschen vor Ort Abfall, PET-Flaschen, Plastiktüten, Verpackungen und Shampooflaschen und schreddern sie zu Flocken. Ein Teil dieser Flocken wir bereits vor Ort zu Granulat verarbeitet. Der andere Teil wird in die Schweiz verschifft. 

Der Transport wird CO2-kompensiert und die Herstellung in der Schweiz mit Solarstrom betrieben. Das Granulat wird an der Hochschule für Technik in Rapperswil geprüft und bei einem Schweizer Recyclingspezialisten hergestellt. Dabei werden die gelieferten Flocken zuerst verflüssigt und danach in Form gebracht – Zusätze braucht es keine. "Unser USP ist, dass unser Granulat aus 100 Prozent ocean-bound-plastic besteht", sagt Marc Krebs. Das heisst, es wird nur Plastikabfall verwendet, der tatsächlich aus dem Meer kommt oder direkt an der Küste liegt. 

Plastik ist ein wertvoller Rohstoff

Wäre es nicht einfacher, mit Kunststoff aus der Schweiz zu arbeiten? «Sicher», sagt Marc Krebs. «Aber hier funktioniert das Recyclingsystem bereits gut, und die Ozeane sind voll mit umweltschädlichem Kunststoff.» Tide Ocean möchte nicht nur die Weltmeere säubern, die Firma will auch die Leute sensibilisieren. «Plastik gilt allgemein als Wegwerfartikel, dabei ist es ein wertvoller Rohstoff. Wir wollen helfen, den Kreislauf zu schliessen, indem wir bereits vorhandenen Kunststoff wiederverwerten», sagt Marc Krebs. Paradoxerweise ist das teurer, als wenn man neues Plastik aus fossilem Erdöl einkauft.

Das Interesse für das recycelte Material ist da. «Wir haben vor allem Anfragen aus der Modeindustrie», sagt Thomas Schori. Es gibt bereits Uhrengehäuse, Bikinis, Kleider, Schuhbändel oder auch Basketballböden. So wird aus einem Abfallprodukt wie einer Einwegflasche ein langlebiger Alltagsgegenstand. Wenn dieser ausgedient hat, kann man ihn fachgerecht entsorgen.

tide fischermann

In Thailand arbeitet Tide Ocean mit der Schweizer Stiftung Jan & Oscar zusammen. Vor Ort sammeln Angestellte das Plastik ein, sortieren, waschen und schreddern es.

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Mit der neuen Methode hat Tide Ocean 2019 den deutschen Materialica Design + Technology Award gewonnen. Seither wird das Schweizer Start-up mit Anfragen überhäuft. Auch viele Privatpersonen melden sich. «Einige wollen uns sogar ihr gesammeltes Plastik vom letzten Strandurlaub bringen», sagt Marc Krebs. «Das ist nett gemeint, aber leider können wir damit nichts anfangen. Wir brauchen grössere Mengen.»
Viel wichtiger sei es daher, dass Firmen den Vorteil von recyceltem Plastik erkennen und umdenken. Davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft: Eine Studie der Uno zeigt, dass die vom Plastikabfall verursachten Schäden in den Weltmeeren jährlich dreizehn Billionen US-Dollar kosten. 

Von Lisa Merz am 8. Juni 2021 - 12:00 Uhr