Ja, ich weiss. Ich schulde euch noch was. Das Ende meiner Online-Dating-Ära. Alle, die gehofft haben, ich erzähle jetzt hier, dass ich meinen Partner per Dating-App kennen gelernt habe, muss ich leider enttäuschen: hab ich nicht. Aber irgendwie doch.
Wer auf diesen Apps unterwegs ist, muss damit rechnen, da sich da auch Leute tummeln, die man kennt. Das war einer der Gründe, warum ich solange damit gehadert habe, mich da anzumelden («Was, wenn mich jemand erkennt? Wie peinlich!») Irgendwann siegte die Neugier, und irgendwann wars mir dann auch recht egal, ob und wer mich dort kennt. Ich hatte schliesslich nichts zu verbergen – im Gegensatz zu einigen mir bekannten Typen, denen ich da immer wieder mal über den Weg lief, und mich fragte, ob ihre Frauen wohl wussten, was sie da digital so trieben. Und ja, ich hab auch schon mal einer Bekannten gesagt, dass ich ihren Partner auf Tinder gesehen habe.
«Ich date keinen, den ich schon kenne. Wenns im realen Leben nicht gefunkt hat, tuts das auch nicht online. Oder?»
Dabei hatte ich eine Regel: Ich date keinen, den ich schon kenne. Erstens war ich ja auf diesen Plattformen, um neue Leute kennen zu lernen. Und zweitens: wenns im realen Leben nicht gefunkt hat, tuts das auch nicht online. Oder? Was ich dabei nicht beachtet habe: Da gibts natürlich Leute, zum Beispiel aus meinem beruflichen Umfeld, die ich nur oberflächlich kenne und mit denen ich noch nie ein privates Wort gewechselt habe, auch wenn sie mir total sympathisch sind.
Genau so einer grinste mir da nun bei Bumble entgegen. Ich wischte ihn reflexartig weg – auch wenn ich dachte: «Oh, der ist single? Interessant.» Das war vorerst alles. Zumal ich ja nicht wirklich auf der Suche nach einer Beziehung war, auch wenn ich langsam ein bisschen Dating- und Affären-müde war. Ein Date mit jemandem, mit dem ich auch künftig immer wieder mal beruflich zu tun haben würde, würde ja doch ein gewisses Risiko bergen. Wobei ich nicht wusste, was blöder wäre – wenn man sich gegenseitig total super oder wenn man sich gegenseitig vollkommen überflüssig fände.
Ich weiss bis heute nicht, warum dieser grinsende Mann mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Und ich bitte euch inständig, das Geständnis, das ich jetzt gleich mache, sofort wieder zu vergessen: Nachdem ich den Typen auf Bumble «abgeschossen» habe, swipte ich mich gefühlte Stunden durch Tinder, in der Hoffnung, er würde dort auftauchen. Klar, ich hätte ihm auch einfach ein WhatsApp schreiben können, aber es war mir wichtig, diesen doch sehr difficilen Entscheid dem Schicksal zu überlassen. Dieses entschied: Ja, es sollte sein – auch Tinder «spülte» ihn mir zu. Dass aus dieser Begegnung und einem ersten Date eine Beziehung würde, hätte ich mir damals, vor drei Jahren, nicht träumen lassen. (Dass ich irgendwann einen Partner habe, der mir gern unter die Nase reibt, ich hätte ihn richtiggehend gestalkt, ohne dass er es wusste, auch nicht).
Aber ihr seht: Es ist durchaus möglich, auf einer Dating-App die Liebe zu finden. Wobei ich glaube, dass der entscheidende Punkt ist, dass weder er noch ich sie ernsthaft gesucht haben. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich doch irgendwie froh, dass ich nicht sagen muss, ich hätte meinen Partner beim Online-Daten kennen gelernt.