Endlich. Man kann wieder ins Restaurant. «Wir gehen auswärts essen», verkünde ich freudig. «Ihr dürft wählen, wo.» Wobei ich hätte wissen müssen, dass «ihr», wenn es um meine Kinder und Essen geht, ganz schwierig ist. «Asiatisch», ruft Kind 1 sofort. Kind 2 verzieht das Gesicht und murmelt irgendetwas Unverständliches vor sich hin. Es folgt eine längere Diskussion unter den beiden, und es kommt, wies immer kommt: Kind 1 ist vom Rumgenöle von Kind 2 dermassen genervt, dass wir schlussendlich beim Italiener landen, und Kind 2 das bestellt, was es zu Hause auch am meisten isst: Pasta mit Tomatensauce und Pizza Margherita.
Kind 2 ist, rein kulinarisch gesehen, wirklich schlimmer als die Sahara: total öde. Zum Zmorge Frühstücksflocken mit Milch. Und sonst, wie gesagt, am liebsten Pasta mit Tomatensauce und Pizza Margherita - wenn er voll experimentierfreudig ist, mag er noch «Grünzeug» obendrauf - sprich, Rucola.
Kind 1 hingegen ist das pure Gegenteil. Es liebt neue Dinge, probiert gern aus, schreckt auch vor ungewöhnlichen Kombinationen nicht zurück. Und es liebt kochen - während Kind 2 lieber gar nichts isst, als selbst zu kochen, obwohl es könnte. Wir haben nun den Deal, dass Kind 1 immer am Mittwoch Znacht kocht. Da es dann meist etwas Asiatisches gibt, im Moment total ihr Ding, schauen wir jeweils zu, wie Kind 2 lustlos sein Essen seziert und schlussendlich ein paar Reiskörner zu sich nimmt. Wenigstens weiss immerhin Kind 1 nun, wie man sich fühlt, wenn man sich total Mühe gibt mit Kochen, und dann am Tisch in ein angewidertes Teenagergesicht schaut.
«Was ist das Grüne hier? Ja, kann schon sein, dass das Essen ist, aber sicher nicht für Menschen. Für Kaninchen.»
Dabei muss ich ja gestehen, dass diese sehr einfachen kulinarischen Vorlieben mir zumindest mittags oft sehr gelegen kommen. Da wir in einem Land leben, das Ganztagesschulen nach wie vor für unnötig hält, kommt Kind 2 meist zum Zmittag nach Hause. Ich arbeite dann im Homeoffice oder bin gerade auf dem Sprung zu einem Termin, da ist ein Teller Pasta oder eine Pizza ganz gäbig, weil schnell gemacht.
Abends hab ich hingegen aufgehört, auf irgendwelche Befindlichkeiten und Vorlieben Rücksicht zu nehmen. Irgendwann hat man sich an diesen angeekelten Gesichtsausdruck gewöhnt und hört sogar über die blödesten Sprüche hinweg («Was ist das Grüne hier? Ja, kann schon sein, dass das Essen ist, aber sicher nicht für Menschen. Für Kaninchen.») Aber ich finde immer wieder Wege, trotz allem noch etwas Gesundes in dieses kulinarische Tiefflieger-Kind reinzukriegen. Man gestatte mir, voller Stolz meine Wochen-Bilanz zu verkünden: Spargeln (im Risotto), Peperoni (auf einer Pizza. Gut, er hat sie aussortiert, aber ich glaube, er hat immerhin zwei, drei gegessen, die er nicht aus dem Käse rausgekriegt hat), Rüebli und Sellerie (in einer Sauce versteckt), Spinat (ich hab gesagt, wer keinen Spinat isst, kriegt auch kein Fleisch), Salat (derselbe Trick wie beim Spinat). Was bin ich doch für eine gute Mutter!