Hier ein Like, dort ein Swipe – und schon befinden wir uns mitten im Minenfeld des Micro-Cheatings. Geprägt wurde der Begriff von der australischen Paartherapeutin Melanie Schilling. Im Interview mit der australischen Huffington Post definierte sie den Begriff als «eine Serie von scheinbar unbedeutenden Handlungen, die darauf hindeuten, dass sich jemand emotional oder physisch auf eine Person ausserhalb der Beziehung einlässt».
Was das konkret bedeutet? Zum Beispiel neue Bekanntschaften, die unter einem falschen Namen im Handy gespeichert werden, damit der Partner keinen Verdacht schöpft. Der kurze Flirt an der Supermarktkasse. Oder die verstohlene Berührung im Büro. Wobei sich der Mini-Seitensprung heute vor allem im Online-Universum abspielt. Zwei Klassiker: Er ist immer noch auf Datingportalen aktiv, obwohl er offiziell vergeben ist. Sie chattet immer häufiger mit dem Arbeitskollegen und teilt intime Details mit ihm.
Ihr merkt schon: Wir befinden uns in einer Grauzone. Denn für sich genommen sind die einzelnen Micro-Cheats eigentlich harmlos. Wir haben den Partner ja nicht betrogen! Uns nicht mit jemand fremdem in den Laken gewälzt. Trotzdem kriecht das schlechte Gewissen in uns hoch, wir löschen Nachrichten, verschweigen Begegnungen. Woran man Micro-Cheating erkennt: daran, dass Dinge bewusst verheimlicht werden.
In der Summe kann auch mehrmaliges Mini-Betrügen zu einem massiven Problem für die Beziehung werden. Mit jedem Vertrauensbruch, sei er auch noch so klein, werden Zweifel gesät, die an der Partnerschaft nagen.
Darüber, wo ein Seitensprung anfängt, herrschen sehr unterschiedliche Ansichten: Bei sinnlichen Berührungen, einem Kuss – oder erst beim Sex? Emotionaler Betrug wird darüber hinaus von vielen als genauso schmerzhaft empfunden wie der Austausch von Körperlichkeiten mit einer anderen Person.
Egal, wo man die Grenze zieht: Micro-Cheating muss nicht das Ende einer Beziehung bedeuten. Vielmehr sollte es der Anfang von offenen Gesprächen sein. Erwischen wir uns selbst oder den Partner wiederholt bei kleinen Fehltritten, sollten wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern uns fragen, was dahintersteckt.
Geht es nur um die Suche nach Bestätigung oder wünscht man sich ein Abenteuer? Kann dieses innerhalb der Partnerschaft ausgelebt werden oder hat man unterschiedliche Vorstellungen diesbezüglich? Ist das Fremdflirten vielleicht nur ein Manöver, um sich von anderen Problemen – im Job oder mit der Gesundheit etwa – abzulenken?
Hauptsache ist es, den kleinen Heimlichtuereien auf den Grund zu gehen, um grössere Probleme zu verhindern.