Long-Covid-Symptome sind vielfältig – welches sind die gängigsten?
Elisabeth Weber: Betroffene beklagen sich über Fatigue – also eine Art schwere Erschöpfung –, über eine Verschlimmerung der Symptome nach körperlichen oder mentalen Anstrengungen, sogenannte Crashs, sowie über eine deutlich tiefere Belastungsgrenze als vor der akuten Covid-19-Erkrankung. Wichtig zu verstehen ist, dass Menschen sehr vielfältige Symptome aufweisen und deswegen ganzheitlich betreut werden müssen.
Wie meinen Sie das?
Es gibt immer körperliche und psychische Symptome. Alle diese Systeme im Körper sind aufgrund einer Art Entzündung des Nervensystems betroffen: Unser Nervensystem ist quasi unser Kommunikationssystem und an allen Abläufen im Körper beteiligt. Darum verwundert es nicht, dass die Symptome so mannigfaltig sind.
Wann sollten Betroffene zu Ihnen kommen?
Die Sprechstunde ist für Menschen gedacht, die zwölf Wochen nach einem akuten Covid-19-Infekt immer noch unter den bereits erwähnten Symptomen leiden. Vielen Erkrankten geht es im Verlauf dieser Frist meistens wieder besser. Vorausgesetzt, sie gehen nie an ihre Energiegrenze, legen Pausen ein und setzen sich keiner körperlichen und mentalen Überbelastung aus.
Wie läuft Ihre Long-Covid-Sprechstunde ab?
Unsere Patient*innen müssen Zeit mitbringen. Es gibt einen Sechs-Minuten-Gehtest und einige Fragebögen auszufüllen.
Zudem entnehmen wir ihnen Blut und führen anschliessend ein einstündiges Gespräch mit ihnen. Die Ärztin oder der Arzt versucht dabei, die Krankengeschichte zu verstehen, um zu sehen, ob die genannten Symptome vorliegen. Danach folgt eine körperliche Untersuchung. Zum Schluss besprechen wir das weitere Vorgehen und entscheiden, welche Therapien für eine möglichst rasche Genesung sinnvoll sind.
Gibt es Wartezeiten?
Die Wartezeiten sind lang und betragen rund acht bis zwölf Wochen. Das liegt aber nicht nur an der hohen Nachfrage, sondern auch an der aufwendigen Betreuung.
Warum erkranken einige Menschen an Long Covid und andere nicht?
Gemäss einer internationalen Studie, in die auch Daten aus der Schweiz einflossen, sind rund 60 Prozent aller Betroffenen Frauen. UnsereSprechstunde bestätigt dieses Bild: Oft sind sie gesund und zwischen 20 und 40 Jahre alt. Obwohl es keine belegten Risikofaktoren gibt, deutet einiges darauf hin, dass das Risiko steigt, je mehr Symptome beim akuten Infekt vorliegen.
Wie ist die Erfolgsquote dieser Sprechstunde?
Die Behandlung braucht Zeit und Geduld. Wichtig ist, dass alle – damit meine ich ärztliche Fachpersonen, Familie sowie Arbeitgeber*innen – Betroffene ernst nehmen und sie im Genesungsprozess unterstützen.
Tipps für Betroffene
- Lichtsignalregel: Energietechnisch nur immer bei Grün unterwegs sein – nie bei Orange und schon gar nicht bei Rot. Diese neue Grenze akzeptieren und umsetzen.
- Engen Kontakt mit der Hausärztin oder dem Hausarzt pflegen. Damit sich Betroffene nicht in all den verschiedenen Symptomen und Abklärungen verzetteln, braucht es eine gute hausärztliche Begleitung.
- Entspannung sowie Pausen üben und in den Alltag einbauen, um damit dem überaktivierten vegetativen Nervensystem Ruhe zu gönnen.