Dass Männer sich während der Schwangerschaft ihrer Partnerin ein paar Extrakilos anfuttern, ist nicht weiter verwunderlich. Schliesslich ist der Kühlschrank von werdenden Müttern – Hungerattacken sei Dank – oft gut gefüllt. Und so greift auch der Papa in spe öfter mal zu einem Snack. Ausserdem legt Mann auch eher mal eine Pause auf dem Sofa ein, wenn die Frau oder Freundin nicht mehr zum Joggen mitkommen mag. Soweit so normal. Doch das «Mitschwangersein» kann noch viel weitergehen. Unter Wissenschaftlern ist das Phänomen bekannt als Couvade-Syndrom – vom französischen Wort «couver», zu deutsch: brüten.
In einer Studie aus dem Jahr 2007 konnten britische Wissenschaftler belegen, dass werdende Väter mit Symptomen wie Magenkrämpfen, Rückenschmerzen, Stimmungsschwankungen, Hungerattacken, Morgenübelkeit und Müdigkeit zu kämpfen haben. Bei manchen schwoll sogar der Magen derart an, dass sich der Bauch ähnlich einem Babybauch wölbte. Interessant: Die Beschwerden verschlimmerten sich während der Schwangerschaft und nahmen nach der Geburt langsam ab.
Gemäss einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2014 schätzt die australische Psychologin Karen-Leigh Edward, dass etwa vier bis zehn Prozent aller Väter in den Monaten nach der Geburt ihres Kindes sogar eine Depression erleiden – bei Müttern ist das Stimmungstief als Babyblues oder in der stärkeren Ausprägung als Wochenbett-Depression bekannt.
Je nach Studie sollen zwischen 25 und 50 Prozent der werdenden Väter vom Couvade-Syndrom betroffen sein. Uneinigkeit herrscht darüber, wodurch die sogenannte Parallel- oder Sympathieschwangerschaft ausgelöst wird. Während Verhaltensforscher davon ausgehen, dass es sich um ein psychologisches Phänomen handelt, machen Biologen eine Veränderung im Hormonhaushalt für die Symptome verantwortlich. In diversen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass auch werdende Väter das bei Frauen für die Milchbildung zuständige Prolaktin produzieren – bei gleichzeitig sinkendem Testosteronspiegel.
Psychologe Harald Werneck hält einen Mittelweg für am wahrscheinlichsten. Er glaubt, dass es Wechselwirkungen zwischen psychischen Prozessen und dem Hormonspiegel gibt: «Bei Vätern, die offen für die Elternschaft sind und den Symptomen ihrer Partnerin mehr Aufmerksamkeit schenken, kommt es vermutlich auch auf physiologischer Ebene zu grösseren Veränderungen», wird er von der Zeit zitiert.
So mühsam die solidarischen Beschwerden für die Männer sein mögen: Sie erhöhen das Verständnis für die Situation der Schwangeren. Und wenn der kleine Knopf da ist, kann man sich gemeinsam durch ein Trainingsprogramm kämpfen, um die Babypfunde wieder loszuwerden. Das schweisst noch enger zusammen.