Wem die Beispiele aus dem Freundeskreis oder der Promi-Welt – neustes Beispiel: Adele – nicht genügen, der kann auch einen Blick auf die nackten Zahlen werfen: Statistisch gesehen werden die meisten Ehen in der Schweiz zwischen dem 6. und 8. Jahr geschieden. Der weltweite Median liegt ebenfalls bei sieben Jahren. Das verflixte siebte Jahr ist also kein Mythos, sondern traurige Wahrheit. Aber warum zerbrechen viele Beziehungen ausgerechnet an dieser scheinbar magischen Grenze?
Mit Magie hat das Ganze tatsächlich nicht viel zu tun. Mal wieder sind es die Hormone, die uns reinfunken. Während der ersten zwei Jahre einer Beziehung sorgt der Botenstoff Dopamin dafür, dass wir wie im Rausch auf Wolke sieben schweben. Gleichzeitig werden diejenigen Gehirnareale heruntergefahren, welche für unsere rationalen Einschätzungen verantwortlich sind. Das Resultat: Wir schweben auf Wolke sieben und sehen unseren Partner durch die rosarote Brille.
Nach der ersten Verliebtheitsphase wird der Seelenverwandte wieder zum normalen Menschen, Schwächen werden sichtbar, erste Probleme tauchen auf. Wer sie erfolgreich ignoriert oder gemeinsam meistert, kann sich jetzt vermehrt auf die wohltuende Wirkung des im Hypothalamus produzierten Oxytocin freuen. Es fördert unser Vertrauen gegenüber anderen Menschen und damit auch die langfristige Paarbindung und die Treue.
Wir schmieden gemeinsame Pläne, ziehen zusammen, der Alltag hält Einzug. Zwischen dem vierten und siebten gemeinsamen Jahr kommt die nächste Belastungsprobe. Evolutionpsychologen erklären sie damit, dass der Nachwuchs unserer «Jäger und Sammler»-Vorfahren nach diesem Zeitraum aus dem Gröbsten heraus war und die Paarbindung für dessen Überleben nicht mehr wichtig war. Diese Fortpflanzungsstrategie wirke sich bis heute auf unsere Beziehungen aus, glaubt zum Beispiel Helen Fisher von der Rutgers University.
Evolutionsbiologie hin oder her – nach sieben Jahren Beziehung macht vielen Paaren vor allem eines zu schaffen: der Trott. Wir tauschen weniger Zärtlichkeiten aus, streiten mehr über Kleinigkeiten. Viele befinden sich nach sieben Jahren Beziehung irgendwo im Alter zwischen 30 und 40.
Haben wir nicht schon schwerwiegende gemeinsame Entscheidungen gefällt, die uns jetzt im Alltag Nerven kosten, dann steht das grosse Weichenstellen noch an und macht uns vielleicht bewusst, dass wir doch nicht so gut zusammenpassen, wie wir eigentlich dachten: Der eine will Kinder, der andere kann sich das nach Jahren des Hin und Hers doch nicht mehr vorstellen. Sie will für den Job nach New York auswandern, er träumt von einem Einfamilienhaus im Schweizer Dorfidyll.
Doch es müssen nicht immer die ganz grossen Fragen sein, die einen Keil in die Zweisamkeit treiben. Auch Uneinigkeit darüber, wie man mit Geld umgeht, womit man seine Freizeit verbringt oder wessen Mutter man zu Weihnachten besucht, ist toxisch. An diesen drei Warnhinweisen erkennt ihr, dass eure Beziehung das verflixte siebte Jahr vielleicht nicht übersteht:
So wichtig es ist, dass jeder sein eigenes Leben und seine eigenen Hobbys hat, so wichtig ist es auch, dass man Interessen teilt und gemeinsam Dinge unternimmt. Ansonsten rutscht man plötzlich unverhofft in die Friend Zone, wenn die Schmetterlinge im Bauch nicht mehr flattern. Dein Partner verbringt seine Wochenenden am liebsten damit, auf irgendeinen Gipfel zu kraxeln, du relaxt lieber auf dem Sofa?
Was tun: Einigt euch auf ein Wochenende in den Bergen, bei dem ihr gemeinsam Wandern und Wellnessen geht. Kompromisse können so schön sein! Ihr seid in der Beziehung beide etwas träge geworden? Sucht euch eine Sportart, die ihr gemeinsam und ohne grossen Aufwand betreiben könnt. Bouldern, anyone?
Und nicht zuletzt hilft ein wöchentliches Date vielleicht dabei, die Flamme am Lodern zu halten.
Laut dem Diplom-Psychologen Michael Thiel dauert es ungefähr sieben Jahre, bis die Honeymoon-Phase endgültig vorüber ist und wir unseren Partner mit klareren Augen betrachten. Die Schusseligkeit, die wir anfangs noch süss fanden und später akzeptierten, nervt einfach nur noch. Und jedes Mal, wenn die bessere Hälfte im Restaurant schmatzt, würdet ihr am liebsten im Boden versinken.
Was tun: Euch daran erinnern, was ihr an der anderen Person schätzt und – wie es auch Philosoph Alain de Botton rät – euch vom Anspruch des Perfektseins verabschieden. Romantische Filme und Bücher lassen uns glauben, dass wir «den Einen» oder «die Eine» finden, der uns nahtlos ergänzt. Doch wenn zwei Individuen aufeinandertreffen, wird es immer eine Reibungsfläche geben.
Wie oben bereits beschrieben, sind es oft die kleinen Dinge, die der Liebe am Ende das Genick brechen. Die Barthaare im Lavabo, die umherliegende Dreckwäsche – ja, wenn man zusammenwohnt, dann sind es die profanen Nichtigkeiten, an denen sich die meisten Diskussionen entzünden. Auch dass jemand ständig zu spät kommt oder ständig nur nörgelt kann über die Jahre mürbe machen.
Was tun: Die Verhaltensmuster erkennen und ansprechen. Schaffen das zwei nicht aus eigener Kraft, dann ist es vielleicht Zeit für eine Paartherapie. Und nein, die muss nicht der Anfang vom Ende sein. Aber sie ist ein klares Eingeständnis, dass etwas wirklich grundlegend nicht mehr funktioniert und dass jetzt echte Beziehungsarbeit gefragt ist. Ob mit oder ohne Coach – von heute auf morgen werden sich die Probleme nicht in Luft auflösen. Aber eine solche Phase zeigt auch, wie widerstandsfähig eine Partnerschaft ist. Wer die Krise überwindet, geht gestärkt aus ihr heraus.