Christa Rigozzi macht gerade Ferien auf Ibiza. Hauptsächlich, wie es sich gehört, im Bikini. Und teilt Bilder davon, wie es sich gehört («Insta or it didn’t happen») auf ihrem Instagram-Account. Für die regnet es allerdings nicht nur Likes und liebe Grüsse, sondern vor allem Missgunst und Hass.
«Krass, wie dünn du geworden bist! Echt schade. Du warst mal eine bildhübsche Frau und bestehst jetzt nur noch aus Haut und Knochen. Kein Vorbild für deine zwei Töchter.»
Aha. Alternativ hätte man natürlich auch schreiben können: «Wow, 36 und zwei Kinder – du siehst toll aus! Ich wünsche Dir schöne Ferien.» Macht aber kaum jemand. Stattdessen schreiben Christas Follower, geschützt durch die unendlichen anonymen Weiten des World Wide Webs:
«Du stehst in der Öffentlichkeit und solltest ein Vorbild sein. So mager bist du es leider nicht mehr. Macht ja fast Angst. Soll kein Angriff sein.»
Nö, nö, kein Angriff. Hört ja jeder gern, dass die Form des eigenen Körpers Angst macht. Dass er zu dünn ist. Oder wahlweise auch zu dick. Denn genau richtig ist er ja offensichtlich nie.
«Mein Körper, dein Körper, du bist heiss, so heiss, Baby ja du weisst.» So hauchts mein Cloud-Rap-Crush Yung Hurn in seinem Song «Diamant» ins Mikrofon. Wie nett! Wäre es nicht eine schöne Welt, wenn alle öfter mal so schmeichelnde Komplimente raushauen würden? Oder – ein ganz absurder Gedanke – sich einfach mal ausschliesslich um ihren eigenen, garantiert auch nicht perfekten Körper kümmern würden? Denn wer ist schon komplett zufrieden mit sich? Die wenigsten. Im besten Fall lernen wir uns im Laufe der Jahre so zu lieben, wie wir sind. Ein Bikini-Foto zu posten erfordert Mut. Erst recht, wenn am anderen Ende der Leitung 43.000 wildfremde Menschen mit gierigen Augen an ihrem Smartphonebildschirm nur darauf warten, einen Fehler an dir zu entdecken und ihren digitalen Finger reinzubohren in den Knacks, den dein Selbstbewusstsein vielleicht eh schon hat.
Ist das Jammern auf hohem Niveau?
Hmm, geht. Christa Rigozzi hat die Kommentarfunktion unter ihrem Post inzwischen einfach deaktiviert. Im echten Leben leider schwierig. «Mensch, bist du schon wieder dünner geworden?», «Iss mal was!», «Jetzt machst du auch noch Sport?! Du bist doch so schon dünn genug.» – Sprüche, die mir schon mein Leben lang unter die Haut geschoben werden. Von Freunden, Kollegen, manchmal sogar Familienmitgliedern. Einfach so, ungefragt. Wo ist meine «Deaktivieren»-Taste?
Merci vielmal, ich finde auch, dass ihr alle blendend und gesund ausseht … FYI: Mein Body Mass Index (kg / m2) beträgt 20, laut Tabellen ein «gesundes Normalgewicht». Ich mache Sport, weil ich fünf Tage die Woche acht Stunden lang krumm wie ein Cashewkern vor dem Computer klemme (Rücken- und Nackenschmerzen gibts da gratis obendrauf). Und nö, die Pubertät hat mir nunmal keine schwungvollen Kurven in den androgynen Leib gemeisselt. Aber wenn ich mich damit abgefunden habe – können es dann nicht alle anderen einfach auch?!
Shamen ist immer scheisse
Wer bist du, Follower XY, zu urteilen, Christa Rigozzi sei kein gutes Vorbild für ihre Töchter? Wer bist du, Freund XY, zu wissen, dass ich mehr essen sollte? Wer sind wir abzustempeln, Emiliy Ratajkowski sei zu dünn, Jennifer Lawrence zu dick, Madonnas Po zu gross, oder irgendwelche Brüste zu klein? Möchtet ihr geshamed werden? Nein! Dann shamed doch bitte auch die anderen nicht. Eigentlich eine ganz einfache Rechnung, oder?