Die strapaziöse On-Off-Beziehung zwischen Carrie und Mr. Big, Charlottes verzweifelter Versuch, ihr Sexualleben mit Trey anzukurbeln, Samanthas buntes Treiben durch (und mit halb) New York und Mirandas Struggle, als erfolgreiche Anwältin ein unverhofftes Baby aufzuziehen – wir alle erinnern uns an die Irrungen und Wirrungen von «Sex and the City», als sei die Serie erst gestern über den TV geflimmert.
Keine Frage, die Serie ist Kult. Und bis heute ertappen wir uns hin und wieder, wie wir die verstaubten DVDs aus dem Schrank kramen – der Nostalgie wegen. Aber mal ehrlich: Ist das, was früher revolutionierte (jeder Menge Sex und offenem Girl Talk sei Dank) heute überhaupt noch zeitgemäss?
Angesichts eines quasi nonstop diskutierten Comebacks, ist auch Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker immer wieder mit dieser Frage konfrontiert. Ihre Antwort? Nicht wirklich. Gegenüber MSN erklärte Parker: «Wenn man zurückkommen würde, um sechs Episoden zu drehen, müsste man sich wohl eingestehen, dass die Stadt denselben Ideen gegenüber nicht mehr so offen wäre. Es würde aussehen, als sei man generationsbedingt kein Teil der heutigen Realität». Will sagen: Diversität sucht man bei «Sex and the City» vergeblich. Eine Neuauflage mit der gleichen, alten Besetzung hält die Schauspielerin inzwischen selbst für keine gute Idee mehr:
«Ich persönlich denke, dass es sich bizarr anfühlen würde.»
Und ein Reboot mit vier ganz neuen Charakteren? Hält die 54-Jährige für schwierig: «Ich weiss nicht (…) Es wäre radikal und interessant, aber man kann nicht so tun, als ob es dasselbe wäre.»
Carrie? Heute wollen wir lieber sein wie Miranda
Und auch wir haben unseren Blickwinkel auf die Charaktere inzwischen etwas geändert. Während früher am liebsten jeder sein wollte wie Carrie – Charlotte oder Samantha gingen auch in Ordnung – erkennen wir heute, dass es bei «Sex and the City» doch eigentlich nur eine gab, deren Ansichten man nacheifern sollte. Und zwar Miranda Hobbes. Äh Miranda? War das nicht die, die keinen Spass hatte, die einzige, gestresste Workaholic war und uns beim Schauen irgendwie immer an einen Hufflepuff auf Hogwarts erinnerte? Ja doch, genau die.
1998 war Carrie Bradshaw eine Art weiblicher Anti-Held. Aber übersetzt man ihre Persönlichkeit ins Jahr 2019, ist sie bedürftig, unsicher, sogar etwas manipulativ und nicht viel mehr als ein perfekt kuratiertes Instagram-Profil. Das Frauenbild, das Carrie Bradshaw transportiert, ist aus heutiger Sicht schon eine zähe Mischung aus freizügiger Moderne und alten Klischees. Was uns wieder zurück zu Miranda bringt. Denn die ist dagegen authentisch, ungefiltert und befriedigt den heutigen Hunger nach «Realität». Sie ist die Einzige, die sich auch mal auflehnt und fragt:
«Wie kann es sein, dass vier clevere Frauen nichts anderes haben, worüber sie reden können, als ihre Männer? Was ist mit uns? Was wir denken? Was wir fühlen? Muss es denn immer um sie gehen? Sagt Bescheid, wenn ihr über etwas anderes reden wollt als Männer.»
Natürlich ist die Liebe einer der zentralen Punkte im Leben eines jeden – aber wie Miranda so richtig sagt: Es gibt noch andere. Miranda scheint die Einzige der Vier zu sein, die das schon damals verstanden hat. Sie macht keine Kompromisse für Männer, wenn es um ihre Karriere geht, schlittert nicht vom einen Drama ins nächste und sucht ausserdem nicht ununterbrochen nach dem Traummann, der sie endlich heiratet.
Ganz ehrlich: Wahrscheinlich wäre sie auch der Charakter, mit dem wir (und Sarah Jessica Parker) regelmässig unsere Zeit verbringen wollen würden, oder?