Ein Blick in die Weinkarte verrät: alle Vinattieri-Weine inklusive des wunderbaren raren «Luna» zu sehr anständigen Preisen, alle Premiers Grand Crus aus dem Bordeaux (Pétrus, Mouton, Margaux, Haut-Brion) im kühlen Keller. Richtig: Luigi Zanini, der Merlot-König aus dem Mendrisiotto, hat die Locanda im Bedrettotal gekauft, wie in früheren Jahren wieder zu einer Beiz (mit Bed & Breakfast) gemacht und vor allem sehr sympathische Pächter eingestellt: Alessandro und Michela Manfrè rocken das «Orelli», vorwiegend mit Produkten aus der Region, vorwiegend für Gäste aus der Region. Bedretto ist nur zehn Minuten von Airolo entfernt (Richtung Nufenenpass), ein toller Boxenstopp auch auf der Reise nach Süden. Chef Alessandro hat Humor. Die Ravioli del Plin etwa sind auf der Karte mit den drei Worten «Asino, Bastone, Carota» umschrieben. Sie ahnen es: Eselfleisch sind drin, und weil ein guter Hirte die Tiere mit Karotten lockt und mit einem Stock antreibt, sind auch Rüebli in der Füllung; der Stock besteht aus einem Selleriestab, in Gin aus dem Mendrisiotto gewendet. Der dünne Teig ist fantastisch, ebenso die konzentrierte Sauce; auch sie stammt vom (Tessiner) Esel.
Wer Esel nicht mag, hält sich an den Risotto. Den gibts hier mit Bärlauchpesto. Der grüne Spargel wird knusprig gebacken, bekommt ein frittiertes Eigelb (!) obendrauf und «Barba dei frati» dazu. Auch hier gefällt uns die Sauce: Taleggio ist drin. Steht Gitzi auf der Karte, können wir nur schwer widerstehen. Alessandro Manfrè beschafft sich sein Capretto von einem Biobauern im nahe gelegenen Dorf Osco. Was aus dem Ofen kommt, ist ziemlich bodenständig, mit vielen Knochen und Knöchelchen, was durchaus erfreulich ist. Nur: Mehr Sauce wäre ein Mehrwert. Erstaunlich tiefe Rechnung!
Locanda Orelli
Dorfkern, 6781 Bedretto
Tel. 091 869 11 85
Montags geschlossen
www.locandaorelli.ch