Immer mehr Menschen starten das neue Jahr mit einer veganen Ernährung. 2023 brach der Veganuary alle Rekorde: Mehr als 700.000 Menschen weltweit nahmen an dem veganen Aktionsmonat teil. Viele von ihnen wollen langfristig am Ball bleiben. Doch gerade am Anfang kann die Umstellung auf eine Ernährung komplett frei von Tierprodukten eine ganz schöne Herausforderung sein. Bei Kochbuchautor und YouTuber Alex Flohr ist diese Umstellung bereits mehr als zehn Jahre her. Heute lebt der Berliner sein «zweites Leben». In seinem neuen Kochbuch «Vegan Body Reset» (Becker Joest Volk Verlag) teilt er Tipps und Rezepte für den Einstieg in den Veganismus.
Wann hat Ihre vegane Reise begonnen und aus welchen Gründen wurden Sie vegan?
Alex Flohr: 2012, da war ich Anfang 30 und mein Körper war in desolater Verfassung. Ich war stark übergewichtig. Ich hatte mich mit Anfang 20 als Pflasterer und Strassenbauer selbstständig gemacht, die ersten Jahre zwölf Stunden täglich gearbeitet. Das Leben wurde immer ungesünder: weniger Sport, mehr Rauchen und Essen immer nur so nebenbei und meistens Fastfood. Stück für Stück schlichen sich Entzündungen in meinen Körper ein, zudem bekam ich Asthma und hatte hohen Blutdruck. Die Ärzte haben bei meinen Blutwerten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Und sie verschrieben mir erstmal Tabletten.
In dieser Zeit habe ich gedacht, ich sterbe spätestens mit 35. Ich habe mich dann viel mit dem Thema Selbstheilung befasst und immer häufiger gelesen, dass tierische Eiweisse ein grosses Problem darstellen. So bin ich auf die rein pflanzliche Ernährung gestossen. Dann habe ich mehr oder weniger von heute auf morgen beschlossen: Ich werde vegan. Und so ging die Reise los.
Was waren die ersten Schritte, die Sie unternommen haben, um den Lebenswandel zu vollziehen?
Flohr: 2013 war, was Veganismus angeht, eine ganz andere Zeit. Es gab zum Beispiel kaum Kochbücher. Das heisst, ich habe mich auf die Suche gemacht, bin mit offenen Augen durch die Supermärkte gelaufen und habe alles umgedreht und nachgelesen, was wo drin ist. Dann habe ich nach und nach Lebensmittel wie Kichererbsen, Linsen oder Bohnen für mich entdeckt und einfach herumprobiert. Dadurch ist die Leidenschaft fürs Kochen gestiegen.
Die ersten zwei bis drei Jahre habe ich viel versucht, klassische Gerichte oder Fleisch zu imitieren. Das ist mir irgendwann in Perfektion geglückt. Irgendwann habe ich gemerkt: Eigentlich brauche ich das nicht. Danach wurde es immer gesünder und frischer.
Wie schnell haben Sie positive Veränderungen für die Gesundheit bemerkt?
Flohr: Ich sage immer wieder: Das Krasseste war gar nicht, dass ich in einem Jahr 50 Kilo abgenommen habe, sondern, dass nach vier Monaten mein Asthma weg war.
Die ersten positiven Effekte merkt man aber eigentlich schon nach ein paar Tagen – vor allem, wenn man sich gesund und frisch ernährt. Dann spürt man bereits ab dem dritten oder vierten Tag keinen Heisshunger mehr. Nach einer Woche merkt man: Wow, die Hose ist schon nicht mehr ganz so eng. In 30 Tagen kann man schon einiges an Körpergewicht verlieren.
Was waren für Sie am Anfang besondere Herausforderungen? Gibt es heute noch Hürden?
Flohr: Am Anfang fand ich es schwierig, die richtigen Konsistenzen beim Essen zu finden. In der ersten Zeit musste ich ja noch irgendwie meine «Fleischeslust» befriedigen. Das konnte ich aber relativ schnell lösen – mit Kichererbsen, Grünkern, Soja–Granulat, Tofu und so weiter.
Schwierig fand ich anfangs auch, einen guten Ersatz für Ei zu finden, zum Beispiel beim Backen. Irgendwann ist mir aufgefallen: Eigentlich kann man das ganz weglassen.
Heute habe ich gar keine Hürden mehr. Null.
Gibt es ein nicht–veganes Produkt, bei dem Sie heute noch schwach werden?
Flohr: Klar, Erinnerungen kommen immer mal wieder hoch. Zum Beispiel, wenn man über den Weihnachtsmarkt läuft und alle möglichen Gerüche in der Nase hat. Ich sage dann aber nicht: Oh, das fällt mir jetzt schwer, dass ich es nicht essen kann. Ich denke dann eher: Cool, was mache ich mir nachher zu Hause, das dem nahekommt? Räuchern und Co. kriege ich auch mit Gemüse hin. Oder mit Tofu.
Der Einstieg in den Veganismus fällt vielen schwer. In Ihrem Buch schreiben Sie, wie wichtig die ersten 30 Tage sind. Können Sie eine Art «Starterpaket» an Produkten für den Anfang empfehlen?
Flohr: Als allererstes sollte man mal so richtig schön durch die Gemüseabteilung im Supermarkt gehen. Da findet man 70 Prozent von dem, was man in den nächsten Tagen braucht. Weitere Grundprodukte sollten Hülsenfrüchte, Nüsse und Saaten sein. Wichtig ist es, auf gesunde Fette zu setzen – etwa ein hochwertiges Olivenöl oder Sesamöl. Tofu sollte auch immer mit dabei sein.
Und eine Milchalternative! Gerade am Anfang finde ich Sojaprodukte, etwa eine Sojamilch, klasse. Die hat einen hohen Proteingehalt und weniger Kohlenhydrate.
Auch wichtig: Immer frische Sprossen im Haushalt haben. Und frische Kräuter – ganz wichtig!
Drei kreative Rezepte
Mandelmozzarella
Zutaten für zwei Stück à 125 g: 10 g Flohsamenschalen, 40 g Mandelmehl, 1 Spritzer Zitronensaft, 30 g Olivenöl, ½ TL Salz
Zubereitung: Die Flohsamenschalen in 200 ml Wasser einweichen und etwa zwei Stunden quellen lassen.
Dann mit Mandelmehl, Zitronensaft, Olivenöl und Salz in einen Mixbecher geben und mit dem Stabmixer glatt mixen. Nicht wundern, es wird eine sehr klebrige Masse, das muss so sein.
Zwei kleine Müslischalen oder zwei Kaffeetassen mit kaltem Wasser ausspülen und mit der Mozzarellamasse befüllen. Mit Frischhaltefolie abdecken und etwa 24 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
Den Mandelmozzarella zum Servieren in Scheiben schneiden und beispielsweise für Caprese verwenden.
Konjaknudel–Gurken–Salat mit Wakame–Algen und Knuspertofu
Zutaten für zwei Portionen: 15 g getrocknete Wakame–Algen, 200 g Tofu natur, 25 g Sesamöl, 1 Prise Kala Namak (Schwarzsalz), schwarzer Pfeffer aus der Mühle, 200 g Konjaknudeln, 1 mittelgrosse Salatgurke, 1 kleine rote Chili, 2 Frühlingszwiebeln, ½ Bund Koriandergrün (alternativ glatte Petersilie), 10 g Sesamsaat. Für das Dressing: 1 ½ EL Reisessig, 1 ½ EL Sojasauce, Saft von ½ Limette, 1 EL Agavendicksaft, 2 TL Wasabipaste
Zubereitung: Für den Salat die Wakame in eine Schüssel mit kaltem Wasser geben und etwa 10 Minuten einweichen.
Währenddessen aus dem Tofu überschüssiges Wasser mit einem Küchentuch auspressen. In 1 cm grosse Würfel schneiden und in einer Pfanne mit 1 TL Sesamöl rundum knusprig anbraten. Zum Schluss mit Kala Namak und Pfeffer würzen.
In der Zwischenzeit die Konjaknudeln in ein Sieb geben, gut abbrausen und nach Packungsangaben in Wasser garen.
Für das Dressing alle Zutaten in einer Schüssel glatt rühren.
Die Salatgurke waschen, längst halbieren, entkernen und in etwa 5 mm grosse Würfel schneiden. Die Chili waschen, längs halbieren, entkernen und in dünne Ringe schneiden. Den Koriander abbrausen, trocken schütteln und fein hacken. Alle vorbereiteten Zutaten zum Dressing in die Schüssel geben und vermengen.
Die Wakame in ein Sieb abgiessen und kurz abtropfen lassen. Dann mit Tofu und Konjaknudeln unter den Salat heben und 10 Minuten ziehen lassen. Zum Schluss mit dem Sesam bestreuen und frisch geniessen.
Frischer Gemüse–One–Pot
Zutaten für vier Portionen: 1 rote Zwiebel, 1 kleiner Brokkoli, 4 Stangen Staudensellerie, 1 kleine rote Paprika, 2 Knoblauchzehen, 2 Zweige Rosmarin, 1 ½ EL Olivenöl, 500 g leichte Gemüsebrühe, 800 g stückige Tomaten aus der Dose, 1 Lorbeerblatt, 1 EL Agavendicksaft, 1 TL getrockneter Oregano, 100 g Blattspinat, Saft von ½ Zitrone, 60 g Sojajoghurt Natur, Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung: Die Zwiebel schälen und fein würfeln. Den Brokkoli waschen und in kleine Röschen teilen, den Stiel schälen und fein würfeln. Sellerie waschen, putzen und in dünne Scheiben schneiden. Die Paprika waschen, entkernen und klein würfeln. Die Knoblauchzehen schälen und fein hacken.
Das Olivenöl in einem Topf erhitzen, Zwiebeln, Brokkoliwürfel und Sellerie darin anschwitzen. Wenn die Zwiebelwürfel glasig sind, Brokkoliröschen, Paprika und Knoblauch dazugeben und kurz scharf mit anbraten.
Mit der Gemüsebrühe ablöschen, die Tomaten einrühren, Rosmarin, Lorbeerblatt, Agavendicksaft sowie Oregano hinzugeben und kräftig aufkochen lassen. Die Hitze reduzieren, den Deckel auflegen und bei mittlerer Hitze etwa 6 Minuten köcheln lassen.
Inzwischen den Spinat waschen und abtropfen lassen. Zum Eintopf geben und bei ausgeschaltetem Herd noch 2 Minuten ziehen lassen. Falls der Gemüse–One–Pot zu dickflüssig sein sollte, noch etwas heisses Wasser hinzugeben.
Vor dem Servieren Rosmarin und Lorbeerblatt entfernen, Zitronensaft sowie Joghurt unterheben und kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken.