Das Restaurant Helvti Diner hat zum Testessen geladen: Serviert wird ein Burger, der wie ein Burger aussieht und schmeckt, aber ohne Fleisch auskommt. Seit Kurzem importiert das Zürcher Gastrounternehmen den pflanzlichen Beyond Burger aus den USA.
Neu ist Fleischersatz nicht, Tofu-Würstchen haben Vegetarier schon in den Achtzigerjahren gegessen. Grosse Burgerketten führen längst eine vegetarische Alternative im Angebot. Doch der Beyond Burger gehört zu einer neuen Gattung. «Seine Zielgruppe sind Menschen, die Fleisch mögen und gern essen, sich deswegen aber in einem moralischen Dilemma befinden», sagt Andrea Staudacher von Future Food Lab, die beim Tasting dabei ist. Die Bernerin ist bekannt als Insektenköchin und beschäftigt sich als Designerin auf genussvolle Weise mit dem Thema Proteinalternativen.
In Kalifornien, wo der Beyond Burger herkommt, ist er nur einer unter vielen. Für die Lebensmittelindustrie tut sich mit den Flexitariern, wie die Teilzeitvegetarier genannt werden, ein neuer, riesiger Markt auf. In die Firma Beyond Meat, die neben dem gleichnamigen Burger auch «Hackfleisch» oder «Würstchen» produziert, investieren Grössen wie Microsoft-Gründer Bill Gates oder Schauspieler Leonardo DiCaprio.
«Die Zielgruppe sind Menschen, die Fleisch mögen, sich deswegen aber in einem moralischen Dilemma befinden.»
Um Karnivoren glücklich zu machen, strebt die Lebensmittelindustrie einen Biss und eine Konsistenz an, die der von Fleisch möglichst ähnelt. «Da Burger
sowieso aus einer eher undefinierbaren Masse bestehen, funktioniert die Imitation dort gut», sagt Andrea Staudacher. Um die Kopie noch echter zu machen, hat der Hersteller des Impossible Burger, ebenfalls eine kalifornische Firma, aus pflanzlichem Hämoglobin einen Stoff entwickelt, der ihre Burger «bluten» lässt.
Die Schweiz holt auf: An der ETH wird Pflanzen-Poulet hergestellt
Nach Angaben von Beyond Burger soll dieser neunzig Prozent weniger Treibhausgase verursachen als ein Burger aus Rindfleisch. Allerdings ist da der Transport von Kalifornien in die Schweiz nicht eingerechnet. Nachhaltiger wäre es, solche Produkte hier zu produzieren.
Das finden auch die Gründer von Planted. «Das Fachwissen, um aus Pflanzen Fleisch herzustellen, haben wir», sagt Lebensmittelwissenschaftler Lukas Böni, der das Start-up mit Pascal Bieri und Eric Stirnemann an der ETH Zürich gegründet hat. Seit zwei Jahren sind sie am Entwickeln. Erst arbeiteten sie an einem Burger, schwenkten dann aber um auf «Poulet». «In diesem Bereich gibt es noch nicht so viele Produkte.» Ihr Pflanzen-Poulet, das vom Proteingehalt dem tierischen Original ebenbürtig ist, basiert auf Gelberbsen. Es enthält weder Soja noch Weizen.
Hergestellt wird es in einem Prozess, welcher der industriellen Pastaherstellung ähnlich ist. Protein und Fasern der Gelberbse werden mit Wasser gemischt und unter verschiedenen Druck- und Temperaturstufen zu einer faserigen Struktur geknetet. «Bezüglich Konsistenz und Textur kommen wir einem Poulet sehr nah», sagt Böni. Zurzeit gehen er und seine Kollegen die Vermarktung an. Als Erstes peilen sie die Gastronomie an. «Fleischersatzprodukte haben leider nicht so einen guten Ruf. Falsch zubereitet, schmecken sie oft nicht. Wenn aber unser Poulet im Restaurant als Gericht überzeugt, werden die Leute hoffentlich Lust bekommen, es auch im Geschäft zu kaufen.»
Seit Ende April ist der Beyond Burger in den Coop-Filialen erhältlich. Er ist nicht bei den Vegiwürstchen und Tofuschnitzeln zu finden, sondern im Tiefkühlregal neben den Fleischprodukten.