Eine alte Jeans. Damit fängt die Erfolgsgeschichte von Rafael Kouto an. Als Teenie sitzt er zu Hause in Losone TI vor der Nähmaschine und schneidert aus der alten Hose eine Handtasche. Dafür schneidet er die Hosenbeine ab und näht die Löcher zu. Aus dem restlichen Stoff macht er die Träger. «Ich habe schon als Kind oft genäht. Meine Mutter oder meine Grossmutter haben mir dabei geholfen», erzählt er mit sanfter Stimme und markantem Tessiner Dialekt.
Heute macht Rafael Kouto, 29, eigentlich nichts anderes: Aus alten Materialien und Altkleidern, die Leute in den Abfall schmeissen, stellt er neue Kleidung her. Doch er wandelt die alten Stoffe nicht nur um, er verleiht ihnen neuen Glanz, wertet sie auf und schickt sie über den Laufsteg. Upcycling nennt sich das. Und Upcycling kann Rafael Kouto gut. Er gewinnt dieses Jahr zum zweiten Mal einen Swiss Design Award und wird vom International Talent Support ausgezeichnet. Die Plattform, die junge Designtalente fördert, ehrt Kouto mit gleich zwei Awards. «Für mich als jungen Designer sind diese Preise viel wert. So kann ich mir einen Namen machen und neue interessante Zusammenarbeiten starten.»
«In Afrika ist Upcycling ein Teil der Kultur»
Im Unterschied zu früher sitzt Rafael Kouto nicht mehr im Tessin an der Nähmaschine, sondern in Zürich. Im Industriequartier Binz hat sich der Jungdesigner in einem Bürogebäude auf ein paar wenigen Quadratmetern ein Atelier eingerichtet. Der Rest des Raumes steht leer. Aufgeschnittene PETFlaschen, zusammengefaltete Plastiksäcke, alte Veloschläuche und farbige Kabelbinder sind ordentlich in Kisten und Boxen einsortiert – Koutos Arbeitsplatz ist ein Materialien-Wunderland.
So wie sein Atelier ist auch seine Mode: eine bunte Mischung für Männer und Frauen. Ein Mix zwischen cooler Haute Couture und ausgefallener Streetwear. «Viele meiner Kunden leben in der Stadt und interessieren sich für Handwerk, Nachhaltigkeit und andere Kulturen», sagt Kouto. Die Farben und Drucke auf den Kleidern sind oft von seinen afrikanischen Wurzeln geprägt. Rafael Koutos Vater stammt aus Togo, seine Mutter aus der Schweiz. «In Afrika ist Upcycling ein Teil der Kultur. Viele Altkleider und andere Materialien aus Europa werden dort noch aufgebessert.»
«Warum stellen wir eigentlich noch neue Stoffe her? Es gibt ja schon so viele»
Als Rafael Kouto sich mit 19 Jahren während des Kunstgymnasiums in Lugano für ein Studium in Basel bewirbt, schneidert er aus einer blauen Ikea-Tasche ein Kleid und reicht es als Bewerbung ein. Er wird aufgenommen. Sein Studium beendet er 2017 mit einem Master in «Fashion Matters» in Amsterdam. Dazwischen macht er Praktika bei Alexander McQueen in London, bei Maison Margiela in Paris und bei der Ethical Fashion Initiative der Vereinten Nationen in Genf.
«Während dieser Zeit fragte ich mich immer öfters, warum neue Stoffe hergestellt werden. Viele Brands benutzen alte Kleider als Inspiration, kopieren sie zum Teil eins zu eins und stellen sie neu her.» Rafael Kouto stört, dass immer mehr Ressourcen verbraucht werden. «Es muss einen Wandel geben, wir können nicht so weitermachen. Auch nicht in der Modeindustrie. Veloschläuche sind fast wie Leder. Warum also nicht die brauchen?» Seit drei Jahren arbeitet der junge Designer mit Texaid zusammen. Kouto schickt dem Textilverwertungsunternehmen zwei- bis dreimal im Jahr eine Wunschliste. Darauf steht dann etwa: blauer Mantel, schwarze Jeans, gelbes Shirt. Die Mitarbeiter des Unternehmens suchen die Kleider aus, und Kouto nimmt mit, was er für seine Kollektion braucht. «Die Auswahl ist extrem gross. Ich habe noch nie etwas nicht gefunden.»
RAFAEL KOUTOS SCHWEIZER DESIGN
Accessoires
«Die neue Taschenkollektion von Qwstion. Das Gewebe aus Bananenfasern ist eine erstaunliche und nachhaltige Innovation für die Zukunft.»
Tasche
«Mich begleiten zwei Freitag-Taschen durch den Alltag: die F52 Miami Vice Orange beim Spaziergang und die R511 Carolus auf dem Velo.»
Möbel
«Die aufblasbaren 3-D-Druck-Objekte des Lausanner Industriedesigners Christophe Guberan.»
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Upcycling aus der Schweiz upcycle-it.ch
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