Einer aus der Band schlägt auf dem Klavier Beethovens «Fünfte» an. Tatata-tam, tatata-tam. Die Melodie kündigt Grosses an. Zumindest lässt sie Mundartmusiker Marco Kunz, 32, der kochend am Herd steht, erahnen, was seine Gäste von ihm erwarten. Der Hobbykoch hat seine Band zum Weihnachtsessen eingeladen. Weihnachts-Mittagessen, um genau zu sein. «Abends haben wir Musiker selten Zeit, weil wir auf der Bühne stehen.»
Kunz tischt einen Dreigänger auf, den er in umgekehrter Reihenfolge zubereitet. Zuerst das Dessert. Früh am Morgen hat er einen Luzerner Lebkuchen gebacken, der nun auf einem schallplattenförmigen Tortenteller vor sich hin duftet. Zubereitet hat Kunz das Zentralschweizer Weihnachtsgebäck nach einem Rezept der Apotheke Jost in Willisau. Dort kriege man das beste Lebkuchengewürz, sagt er.
Ganz ans Rezept gehalten hat er sich allerdings nicht. «Die Milch habe ich durch Wasser ersetzt und den Rahm durch Mandelmus. Ich finde, der Lebkuchen schmeckt so genauso gut. Ausserdem stellt er keine Gefahr dar für Laktoseintolerante – und ist auch für Veganer geniessbar.»
Kunz ist weder Veganer noch Vegetarier. Fleisch kommt in seinem Menü dennoch nur am Rande vor. In der Vorspeise (Speck und Ei auf Rapunzel mit Apfel und Baumnüssen) und als Tier im Tischgespräch. «Wie sagt man einem weissen Mammut?», fragt Gitarrist Edis Kahrimanovic, 38, in die Runde. «Hellmut!»
Eigentlich ist Edis der Bandmuffel. Er mache oft ein grimmiges Gesicht und lege sich auf der Bühne gerne mit den Technikern an, erzählt Manuel Römer, 40. Zusammen mit Marco und Edis bildet der Schlagzeuger, der laut Gerüchten fast noch besser singt als Kunz, den harten Kern der Band.
Später dazugekommen ist Chris Pfändler, 25, mit seinem Hackbrett. Ein Vollblutmusiker mit Metal-Vergangenheit (inklusive langer Haare) und Herz für Klassik. Und diesen Sommer Severin Graf, 35, der Bassist. «Als einziger Single ist er derzeit der Begehrteste von uns», sind sich die anderen einig.
Wenn Edis aufisst, wars wirklich gut!
Zeit für den Hauptgang, der fast nur aus Gemüse besteht. Kürbis-Tomaten-Auflauf gewürzt mit Ahorn, Ingwer und Koriander, serviert mit schmelzendem Burrata. Das Gericht wäre als Beilage gedacht. «Eigentlich isst man es mit Kalbsschmorbraten. Aber es ist so lecker, dass es auch als Hauptgang wunderbar funktioniert.»
Den Kürbis, ein 12-Kilöner, hat Kunz in seinem Heimatdorf Mauensee auf einem Hof geholt. Das Rezept stammt aus dem Globus, und Kunz hält sich minutiös daran. «Nach Vorgabe zu kochen hat den Vorteil, dass man manchmal gezwungen ist, Dinge zu kombinieren, die man so nie ausprobiert hätte. Wie hier Koriander mit Kürbis.» Edis schnuppert zweifelnd am angerichteten Teller. Er ist der komplizierteste Esser der Band. Das habe einen klaren Vorteil, findet Kunz. «Ich weiss, woran ich bin. Wenn Edis alles aufisst, wars wirklich gut.»
Es ist nicht nur ein Weihnachtsessen, es ist auch ein Merci, das Kunz seiner Band serviert. Die letzten Konzerte der Tour «No meh Hunger» stehen an. Viele Auftritte waren ausverkauft. Im KKL stand Kunz auf der Bühne, in der Hitparade auf Platz 1. Und sein Herz verschenkt hat der umworbene «Alpen-Gosling» (in Anlehnung an seine optische Ähnlichkeit mit Schauspieler Ryan Gosling, 37) auch. «2017 war wohl das verrückteste Jahr meines Lebens, ein Feuerwerk», sagt er.
Bald wirds ruhiger. Die Band plant eine Auftrittspause. «Ich gehe zwei Monate davon auf Reisen. Mit dem Rucksack und einer Gitarre Südamerika entdecken. Allein. Ohne Plan. Nur die Galapagos-Inseln sind gesetzt. Das wird eine ganz neue Erfahrung!»
Eine neue Erfahrung steht nun auch für die Band auf dem Programm: veganer Lebkuchen. Marco verschwindet in der Küche, um die Nachspeise anzurichten, und Edis überbrückt mit einer weiteren Trouvaille aus seinem Witze-Sammelsurium: «Wie sagt man in Hollywood, wenn man am nächsten Tag frei hat?» Fragende Gesichter. «Morgan Freeman!»
Für die Hardcore-Nichtveganer gibts Schlagrahm zum Luzerner Lebkuchen. Und für Kunz am Schluss das grösste Kompliment: Scheint geschmeckt zu haben. Alle Teller sind leer, sogar Edis hat aufgegessen.
Was DJ Antoine und Jungköchin Nadja Damaso ihren Liebsten an Weihnachten servieren, lesen Sie hier.
Marco Kunz' veganes Luzerner Lebkuchen-Rezept:
- 4.5 dl Wasser
- 2 Kaffeelöffel Mandelmus
- 250 Gramm Zucker
- 3 Esslöffel Birnendicksaft
- 1 Esslöffel Jost's Lebkuchengewürz
- 1 Spritzer Zitronensaft
- 1 Kaffeelöffel Natron
- 400 Gramm Mehl
- 0.5 dl Süssmost
Wasser und Mandelmus cremig rühren.
Zucker, Birnendicksaft, Lebkuchengewürz, Zitronensaft gut mit Wasser Mandelmusmischung verrühren.
Natron in etwas warmen Wasser auflösen und beigeben.
Süssmost darunter mengen bis der Teig noch dicklich von der Kelle läuft.
Backzeit: 45 Minuten