Mode reflektiert und kommentiert rückläufige Tendenzen ebenso wie den Aufschwung der Gesellschaft. Sind die Konjunkturaussichten bestens, dann rutscht der Rocksaum nach oben. So war es und so ist es und so wird es immer sein. Dachte man. «Rocksaumtheorie» nennt sich das ganz offiziell und wurde vom amerikanischen Wirtschaftler George Taylor 1926 so beschlossen. Läufts gut, wirds also sexy. Geht alles den Bach runter, legt man sich den Panzer an – trägt wallende Kleider und Hochgeschlossenes.
Als Miuccia Prada letzten Oktober die Kollektion ihres Brands Miu Miu für diesen Sommer zeigte, schien man noch frohen Mutes zu sein. Kürzer hätten die Röcke nicht sein können. Sie sassen tief, waren mehr Gürtel als Beinkleid. Die abgesäbelten Pullis mit Hemd drunter legten knochige, durchtrainierte Bäuche frei, zeigten knapp Underboob, wirkten wie aufgesexte Schuluniformen. Man wollte sich freimachen – von der Pandemie. Vom neuen Leben, freute sich aufs alte. Niemand ahnte was vom Ukraine-Krieg.
Das euphorische Miu-Miu-Set wurde unter Stylist*innen herumgereicht wie Kanye Wests Dates. Inzwischen hat es mit @miumiuset sogar einen eigenen Instagram-Account. Während man anfangs noch fürchtete, das brandheisse Duo würde dem Ideal magerer Gazellenkörper zu sehr huldigen («Wer sonst soll das tragen?»), so entwickelten sich die Mikro-Minis zu wahren Diversitäts-Held*innen. In der Kampagne trägt zwar die klassische Schönheit Hailey Bieber den Faltenrock mit knappem Hemd, aber im Gegensatz dazu stand auch die 54-jährige Schauspielerin Nicole Kidman in Low-Waist-Look auf dem Cover des 28. «Hollywood Issues» der Vanity Fair. Um zu beweisen, dass Sex-Appeal kein Alter kennt. Miu Miu passt allen. Und steht allen. Unabhängig von Geschlecht, Jahrgang und Körperform. Er führt uns weg von einem Selbstbewusstsein, das auf sichtbaren Muskeln und Knochen aufbaut, hin einer befriedigenden Körper-Neutralität. Da fragt man sich schnell: Könnte das also auch was für mich sein?
Wie trägt man den Mikro-Mini im Alltag?
Um die Frage wieder aufzunehmen: Natürlich könnte der Look was für uns sein. Gerade das will er doch vermitteln. Wir raten dennoch (unter anderem aus Kosten- und Temperaturgründen), die Ästhetik im Real Life etwas runter zu brechen. Auf einen Falten-Mini muss natürlich niemand verzichten. Wir hätten da Styling-technisch folgende Vorschläge.