Grace Jones, Josephine Baker, Diana Ross, Janet Jackson, Tina Turner – unter Tränen reiht sich Naomi Campbell in die Riege der Frauen ein, die sie zu der gemacht haben, die sie ist. Sie alle haben die Mode- und Musikszene massgeblich geprägt, inspiriert und mitgestaltet. Seit den Fashion Awards in der Royal Albert Hall in London im Dezember letzten Jahres ist es für das Supermodel der Neunziger offiziell: Sie gewinnt als erste dunkelhäutige Frau den Award «Fashion Icon», dankt gerührt ihrer Mutter und gedenkt ihren Stil-Ikonen.
Wo ist die Handy-werfende Diva? Die atemberaubende Furie mit dem überdurchschnittlichen Assistenten-Verschleiss? Plötzlich ist sie ganz zahm und bescheiden. Nun ja, die Gute ist keine Zwanzig mehr, vielmehr hat sie seit heute schon 50 Jahre auf dem schönen, kerzengeraden Buckel, über den die pechschwarze Perücke perlt. Happy Birthday an dieser Stelle übrigens. Die Alexander-Wang-Robe, in der sie die Auszeichnung entgegennimmt, überlässt nichts dem Zufall: Strassornamente schlingen sich in zarten Ranken um den schmalen Luxuskörper – optisch gesehen ist Naomi dann nämlich doch noch ganz die Alte.
Wenn die Zeit still steht
Moment. Alt, nein, das wird sie nicht. Hat der Ruhm sie konserviert? Gibt es Naomi-Klone in dampfenden Eis-Särgen, aus denen beizeiten mal wieder einer aufersteht und auf den Roten Teppichen dieser Welt erscheint, um zu slayen? Trinkt Naomi viel Wasser? Und bitte niemals Alkohol? Schläft sie viel? In Anbetracht der Tatsache, dass sie ein Teil einer dekadenten Supermodel-Elite war, die in den Achtzigern und Neunzigern die wildesten Parties an den exklusivsten Plätzen des Erdballs feierten, tut sie das vermutlich noch nicht ihr Leben lang. Wie auch immer: Naomi sieht noch immer (fast) so aus wie vor 30 Jahren.
Und damit ist sie nicht allein. Jennifer Lopez stieg im September zu Donatella Versace in die Zeitreisekapsel und schloss die Show der Frühling-/Sommer-Kollektion 2020 von Versace im ikonischen grünen Dschungelkleid, das sie bereits zur Grammy-Verleihung im Jahre 2000 trug – das sexy Stück Stoff war in leicht abgeänderter Form zu sehen. Die Frau, die drin steckte, nicht. Cindy Crawford dagegen sieht aus wie ihre 18-jährige Tochter. Daran sind natürlich die Vorgänge der Fortpflanzung schuld, aber auch sonst wirkt Naomis Supermodel-Kollegin kaum oder wahnsinnig gut gealtert.
Es muss einem bewusst sein, dass man Schönheit kaufen kann. Wenn der Körper Kapital ist, macht es Sinn, mehr zu investieren als vielleicht üblich. Aber es gibt sie, die Frauen, die einfach Glück haben. Mit den Genen und dem eisernen Willen. Welchen Geheimnissen auch immer ihr Aussehen geschuldet sein mag – hier kommen die bestkonservierten Frauen des Show Biz. Und wir müssen (nicht ganz ohne Neid) zugeben: Eine ist heute schöner als die andere.