Bewusste Ernährung gewinnt an Bedeutung. Der Trend geht dabei immer mehr zu kleinen Auszeiten und bewussten Zwischenmahlzeiten, wie die vierte «State of Snacking»-Studie von Mondelez International zeigt.
Wie achtsames Essen gelingt, erklärt Cornelia Fiechtl im Interview. Sie ist Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin mit dem Schwerpunkt Essverhalten und Körpergefühl. In ihrer ernährungspsychologischen Praxis, ihren Seminaren und ihrem Buch «Food Feelings» beschäftigt sie sich mit Themen wie achtsamem und intuitivem Essen und begleitet Personen zu einem bewussten Essverhalten.
Was genau versteht man unter achtsamem Essen?
Cornelia Fiechtl: Gemeint ist damit ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Essverhalten. Darunter versteht man das bewusste Geniessen, die Gestaltung der Umgebung, in der man isst, sowie das Wahrnehmen und Berücksichtigen von Körpersignalen wie Hunger und Sättigung. Und nicht zuletzt gehört zum achtsamen Essen, dass man sich dafür ausreichend Zeit nimmt.
Wie kann ich mein Essverhalten achtsamer gestalten?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Essverhalten achtsamer zu gestalten. Man kann sich zum Beispiel einen festen Essplatz einrichten, an dem man sich wohlfühlt und an dem man bewusst (Zwischen-)Mahlzeiten einnimmt. Dieser sollte nicht am Schreibtisch oder auf dem Sofa, sondern an einem festen, eigenen Platz sein – so kann man vermeiden, einfach «nebenher» zu essen. Das fördert die Wahrnehmung der Sättigung, die ansonsten unter Ablenkung nicht gut spürbar ist.
Es kann auch helfen, sich immer wieder einmal kurz Zeit zu nehmen und zu beobachten, wie es um den eigenen Hunger bestellt ist. Denn oftmals vergessen wir das Essen vor lauter Arbeit oder Terminen. Das führt zu Heisshunger, bei dem grosse Mengen auf einmal verzehrt werden. Um dem vorzubeugen, können kleine, bewusst gewählte Snacks zwischendurch eine Lösung sein. Als netter Nebeneffekt lassen sich so ganz einfach bewusste Genussmomente im Alltag schaffen. Und auch während des Essens lohnt es sich, immer einmal wieder kurz zu pausieren, um seine Sättigung wahrzunehmen.
Wie beeinflussen Stress und emotionale Faktoren die Ernährungsgewohnheiten?
Unter Stress vergessen viele von uns zu essen oder lassen ihre Essenspause bewusst ausfallen. Das führt zu grossem Hunger am Ende des Tages, bei dem man das Gefühl haben kann, «nicht genug zu bekommen». Stress kann jedoch auch genau das Gegenteil bewirken und dazu führen, dass wir auf Essen zurückgreifen, um uns zu entspannen. Beide Ansätze verhindern letztlich ein bewusstes, genussvolles Essverhalten. Daher ist es umso wichtiger, dass wir achtsam mit unserer Ernährung umgehen – wodurch wir sie umso mehr zu schätzen lernen.
Welche Strategien können helfen, sich auf eine achtsame und bewusste Ernährung zu konzentrieren?
Sich Zeit für die Zubereitung und das Essen zu nehmen, spielt eine wichtige Rolle. Dieses Bewusstsein steigt in der Bevölkerung, vor allem bei jungen Menschen. In einer aktuellen Studie von Mondelez International haben zum Beispiel 51 Prozent der Befragten angegeben, dass sie sich Zeit nehmen, um Snacks zu portionieren, bevor sie essen. Das kann ein Stück weit dabei helfen, dem Stress entgegenzuwirken und sich langsam auf das Essen einzustellen. Eine gute Herangehensweise!
Wie können Zwischenmahlzeiten dabei helfen?
Mit Zwischenmahlzeiten können wir auf unsere Hungersignale reagieren, den Körper mit Nährstoffen versorgen und auf diese Weise Heisshunger verhindern – oder eben auch einfach einmal bewusst eine kleine Auszeit nehmen. Indem wir uns schon während der Zubereitung und beim Verzehr dieser kleinen Mahlzeiten ganz bewusst auf den Moment konzentrieren, können wir zudem etwas Entschleunigung in unseren Alltag bringen.
Was eignet sich am besten als Zwischenmahlzeit?
Geeignete Mahlzeiten für zwischendurch können von Joghurt, Nüssen über Früchte bis hin zu kleinen Gerichten reichen. Besonders wichtig ist es, den eigenen Hunger wahrzunehmen und das eigene Körpergefühl bei der Entscheidung einzubeziehen.
Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt bei achtsamer Ernährung eine immer grössere Rolle. Wie lassen sich Achtsamkeit und Nachhaltigkeit in Einklang bringen?
Achtsamkeit bedeutet nicht nur ein bewusstes Essverhalten, sondern auch, sorgsam mit Lebensmitteln umzugehen. Das hilft dabei, bewusste Entscheidungen zu treffen, wann man was und in welchen Mengen isst. Nachhaltigkeit in der Ernährung nimmt mittlerweile einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft ein – und dies setzt einen achtsamen Umgang mit der Lebensmittelwahl voraus.
Welche weiteren Trends lassen sich aus Ihrer Sicht aktuell beim Thema Ernährung beobachten?
Achtsames und intuitives Essverhalten sind auf dem Vormarsch und werden auch in Zukunft eine immer grössere Rolle spielen.
Welchen Stellenwert hat die soziale Komponente beim Essen? Inwiefern verbindet uns unsere Ernährung?
Essen hat seit jeher eine wichtige soziale Komponente. Darüber hinaus lässt sich sogar beobachten, dass wir tatsächlich den Geschmack von Speisen besser einstufen, wenn es uns gut geht. Das erklärt, warum wir besonders grossen Genuss beim gemeinsamen Essen verspüren.