Sie sind als Dickmacher verschrien, weil sie viele Kohlenhydrate enthalten: Kartoffeln, Pasta und Brot haben keinen besonders guten Ruf. Doch genau nach ihnen sehnt sich unser Organismus, wenn die Tage kürzer und kühler werden. Gegen trübe Stimmung und kalte Füsse gibt es manchmal nichts Schöneres, als sich mit einem Teller Bratkartoffeln oder einem Teigwarenauflauf zu verwöhnen, damit das Seelenbarometer steigt und Wohlfühlhormone ausgeschüttet werden.
Was viele nicht wissen: Manche Kohlenhydrate lassen sich «entschärfen» und von Dickmachern in gesunde Darmnahrung umwandeln. Damit Kohlenhydrate nicht auf die Linie schlagen, gibt es einen einfachen Trick: Man muss Kartoffeln und Teigwaren nach dem Kochen zuerst komplett abkühlen lassen, damit sie sogenannte resistente Stärke bilden. Dies ist eine Art Ballaststoff, den der Körper nicht vollständig aufnehmen kann, der aber mit wenigen Kalorien lange satt hält.
Was ist resistente Stärke?
Wissenschaftler gingen lange davon aus, dass die Stärke, die in kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Brot, Backwaren, Pasta, Reis, Kartoffeln und weiteren Getreideprodukten steckt, beim Verdauungsprozess vollständig abgebaut und anschliessend mit gesamter Kalorienfracht von unserem Körper aufgenommen wird. Heute weiss man, dass es eine Stärkeform gibt – die resistente Stärke, die weder im Magen noch im Dünndarm verdaut wird und deshalb unversehrt in den Dickdarm gelangt. Diese resistente Stärke wirkt ähnlich wie ein Ballaststoff: Sie schickt weder den Blutzucker- noch den Insulinspiegel auf Achterbahnfahrt (was bekanntlich dick macht), hält dafür aber lange satt.
Die Wissenschaft unterscheidet vier verschiedene Formen von resistenter Stärke:
Typ 1: Diese Stärke ist in den Zellwänden eingeschlossen und kaum zu knacken. Man findet sie in ganzen Getreidekörnern, Samen und Hülsenfrüchten.
Typ 2: Natürliche, unerhitzte Stärke, wie sie in rohen Kartoffeln oder unreifen Bananen vorkommt. Sobald diese Lebensmittel gekocht werden, wird ihre Stärke verdaulich.
Typ 3: Dies ist die spannendste Form von resistenter Stärke – sie wird auch retrogradierte Stärke genannt. Stärkehaltige Lebensmittel vom Typ 1 und 2, die gekocht und dann abgekühlt werden, bilden Kristalle, die nicht mehr aufgespalten werden können. «Dieser Prozess ist nicht umkehrbar – auch nicht durch nochmaliges Erhitzen», so die Ernährungswissenschaftlerinnen Sarah Schocke und Christina Steinbach in ihrem 2013 erschienenen Ratgeber «Warum Bratkartoffeln schlank machen». Der Prozess senkt den glykämischen Index von Kohlehydraten, wodurch der Blutzuckerspiegel nicht mehr so rasant in die Höhe schnellt. «Vor allem die Kartoffel ist ‹berühmt› für diesen Mechanismus. Auch beim Abkühlen von anderen gekochten, stärkehaltigen Lebensmitteln wie Nudeln oder Linsen, findet Retrogradation statt, allerdings in geringerem Umfang als bei der Kartoffel.» Kocht man Spaghetti al dente, das heisst maximal fünf Minuten, und lässt sie dann erkalten, um sie als Pasta-Salat zu geniessen, sinkt der glykämische Index von 45 auf 35.
Dieser Prozess passiert auch, wenn manche Lebensmittel austrocknen. Je mehr Feuchtigkeit ein Brot verliert – sei es, weil es altbacken ist, sei es, weil es getoastet wurde –, desto mehr resistente Stärke bildet sich. Im Gegenzug gilt: Je frischgebackener ein Brot, desto mehr strapaziert es den Blutzuckerspiegel und macht dick.
Typ 4: Hierbei handelt es sich um chemisch erzeugte Stärke, die in der Lebensmittelindustrie verwendet wird und nicht zu empfehlen ist.
Die Vorteile resistenter Stärke
Resistente Stärke hilft nicht nur, schlanker zu bleiben. Sie ist auch ein wichtiger Bestandteil ganzheitlicher Gesundheit in den Darmgefilden. Im menschlichen Darm hausen hunderte verschiedener Bakterien, gute wie weniger gute. Unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hängen davon ab, welche Bakterien überwiegen. Um die guten Bakterien zu stärken, braucht es Nahrung in Form von resistenter Stärke. Und zwar täglich etwa 15 bis maximal 30 Gramm. Dies entspricht etwa 400 Gramm gekochten, abgekühlten Kartoffeln. In den westlichen Ländern sind wir mit 3 bis 6 Gramm weit von dieser Menge entfernt – im Gegensatz zu Ländern wie Indien und China, wo täglich rund 10 bis 18 Gramm resistente Stärke verzehrt werden.
Gerade für Menschen, die unter Übergewicht leiden, kann die Zufuhr von retrogradierter Stärke gesundheitsfördernd sein und beim Abnehmen helfen, da Übergewicht oft mit einem gestörten Darmmilieu einhergeht. Zudem soll der regelmässige Verzehr dieser Stärke vor Dickdarmkrebs schützen.