Sie gelten als die schwierigsten Esser überhaupt, dabei wären sie so einfach zufrieden zu stellen. Ginge es nach den Kindern, ist der Wunsch-Menüplan nämlich rasch zusammengestellt: Spaghetti (wahlweise mit oder ohne Sauce), Pommes und Chicken Nuggets oder Würstchen. Das sind die Dauerbrenner, die ganz oben auf jeder Liste stehen und dementsprechend oft gegessen werden wollen. Unabhängig davon, wie abwechslungsreich die Eltern ihre Kochkunst ausüben. Vielleicht noch Fischstäbchen oder ein Schnitzel, Hauptsache paniert. Und vor allem kein Gemüse oder Salat.
Das ist die gängige Vorstellung dessen, was die Kleinen am liebsten essen – oder halt mit gerümpfter Nase verschmähen. Denn obwohl jedes Kind anders tickt und einzigartig ist, wenns ums Essen geht, herrscht harmonischer Einklang. Es gibt Gerichte, die einfach jedem Kind schmecken.
Doch was stellt ein Sterne-Koch seinen Kindern auf den Tisch? Hat die Familie einen Rezept-Klassiker? Und was brodelt bei den Profis an Weihnachten in den Töpfen? Wir haben nachfragt und ein paar Rezepte gesammelt.
Um es gleich vorweg zu nehmen, selbstverständlich sind die Kinder der Spitzenköche auch nur kleine Menschen. So fallen die Antworten auf die Frage nach der Lieblingsspeise ähnlich wie vermutlich in allen anderen Familien aus. «Wenn Sie meine Kinder fragen würden, essen sie vermutlich am liebsten Pommes frites und Pizza», sagt etwa Heiko Nieder, Küchenchef im The Restaurant im Dolder Grand in Zürich. Zu den Favoriten seiner beiden Töchter Amelie, 6, und Lisa, 9, gehören aber auch Fried Rice und Backhendl mit Kartoffel-Gurken-Salat, Sushi, Nudelsuppe und Polenta.
«Egal, ob die Kinder lieber ihre Lieblingsspeisen möchten oder nicht, gewünscht werden, darf nur an Geburtstagen.»
Heiko Niederer
Im Hause von Andreas Caminada, Chef de Cuisine im Schloss Schauenstein und im Casa Caminada im bündnerischen Fürstenau, steht Pasta hoch im Kurs. «Unser Grosser isst am liebsten Italienisches wie Lasagne und Ravioli», sagt der Drei-Sterne-Koch, fügt aber gleich an: «Oder ganz klassisch Fisch mit Spinat, danach gerne Mandarinen und Mangos.» Der eigentlich Gourmet in der Familie ist jedoch der jüngste Spross, Cla, 4. «Weil er immer alles probiert», ergänzt Caminada.
Teigwaren landen auch oft und gerne auf dem Tisch der Buholzers. «In allen Varianten, Tagliatelle, Spaghetti, Penne, Ravioli oder Gnocchi», erzählt Tobias Buholzer, Gastgeber im Sterne-Restaurant Rose in Rüschlikon am Zürichsee. Hier zeigt sich allerdings, dass Söhnchen Levi, 7, anders als viele Gleichaltrige, bereits über eine grosse Portion Fachwissen und den daraus resultierenden kritischen Anspruch verfügt. «Wenn sie korrekt zubereitet, also nicht zu hart oder verkocht sind, ist er glücklich. Ansonsten geht er schon mal beim Koch reklamieren», sagt Buholzer.
Tobias Buholzer tischt seinem Sohn nur vegetarisches Essen auf. «Er hat sich vor drei Jahren entschieden, Vegetarier zu werden und zieht dies konsequent durch», sagt der Spitzenkoch, der in seinem Gourmet-Restaurant selbst auf Gemüse setzt. Für seine Menus verwendet er nur vegetarische Zutaten. Wer dennoch nicht auf Fleisch oder Fisch verzichten will, kann dies zu den einzelnen Gängen separat dazu bestellen. Zurzeit schreiben Vater und Sohn gemeinsam ein vegetarisches Kinderkochbuch. «Dazu haben wir schon viele Gerichte gekocht. Besonders gerne mache ich mit ihm frische Kartoffelgnocchi, dann kann er so richtig mit den Händen arbeiten und die Küche darf dann auch mal ein bisschen dreckig werden», erzählt Buholzer.
«Mein Sohn und ich schreiben zusammen ein vegetarisches Kinderkochbuch.»
Tobias Buholzer
Auch Heiko Nieder kocht gerne gemeinsam mit den Töchtern. «Sie helfen meistens mit beim Kochen. Sei es beim Schälen, Rühren oder ab und zu etwas Schneiden. Aber sie verlieren schnell die Geduld und möchten plötzlich lieber was anderes machen. Trotzdem kommen sie dann aber immer mal wieder vorbei zum Helfen.» Bei ihnen zu Hause im Zürcher Oberland kommt grundsätzlich alles auf den Tisch. «Egal, ob sie lieber ihre Lieblingsspeisen möchten oder nicht, gewünscht werden darf nur an Geburtstagen.»
Bei Familie Caminada sind es einfache und frische Gerichte, die täglich aufgetischt werden. «Am Wochenende essen wir gerne auch mal mit dem Team zusammen im Schloss. Unsere Regel ist, dass die beiden Jungs alles wenigstens probieren müssen – auch mal thailändisch, indisch oder auf Reisen zum Beispiel die kolumbianische Küche», erklärt der Bündner Koch seine Philosophie. Gemeinsam würden sie eher backen als kochen, vor allem Kuchen und Kekse. «Das habe ich schon als Kind mit meiner Mutter gerne gemacht.»
Gibt es denn bei den Caminadas einen Klassiker, der schon seit Generationen weitergegeben wird? «Es gibt ein Geheimrezept für unsere Lasagne, aber das darf ich natürlich nicht verraten. Die Kids lieben auch Bündner Maluns oder Capuns, am liebsten bei der Tata», sagt der Koch, der im Frühjahr mit dem Sharing-Restaurant «Igniv» in Zürich an den Start gehen wird.
Auch die Nieders haben ein Familien-Menü bzw. deren zwei: das Backhendl mit dem Kartoffel-Gurken-Salat sowie der Fried Rice. «Sofern es um die Kinder geht. Ansonsten gibt es noch ganz viel anderes, was wir immer wieder gerne kochen», sagt Nieder.
Ein Rezept-Klassiker der anderen Art, kommt bei den Buholzers auf den Tisch. «Da kommen am ehesten die Crêpes in Frage. Die habe ich als Kind schon mit meiner Mutter zubereitet und es ist auch jetzt noch ein Gericht, dass wir immer mal wieder kochen. Sei es bei Besuch, an einem besonderen Anlass oder auch einfach so, wenn wir Lust dazu haben.»
Und was die besonderen Anlässe betrifft, da darf der Menüplan auch mal auf den Kopf gestellt werden. «Wenn mein Sohn Geburtstag hat, darf er sich selbstverständlich sein Wunsch-Essen auswählen. In den letzten Jahren war es jedoch immer dasselbe: Crêpes mit verschiedenen Füllungen und danach eine hausgemachte Schwarzwäldertorte – natürlich ohne Kirsch», sagt Buholzer.
«Der grösste Wunsch ist aktuell ein Sandwich vor dem Fernseher zu essen und dazu einen coolen Kinderfilm anschauen zu dürfen.»
Andreas Caminada
Auch die Mädchen von Heiko Nieder dürfen an ihrem Geburtstag wünschen, was gekocht werden soll. «Meistens kommen da dann die eher ungesunden Dinge auf den Tisch. Aber das ist auch ok. So viele Tage gibt es davon ja nicht. Und wenn sie auch noch den dazu gereichten Salat oder das Gemüse essen, ist das schlechte Gewissen um die ungesunde Mahlzeit doch nur noch halb so gross», so Nieder.
Bei den Söhnen von Andreas Caminada, Finn, 6, und Cla steht nicht das WAS, sondern vor allem das WO gegessen wird im Vordergrund. «Der grösste Wunsch ist aktuell ein Sandwich vor dem Fernseher zu essen und dazu einen coolen Kinderfilm anschauen zu dürfen», erzählt der Vater.
Gemeinsam ist den drei Köchen, dass aktuell keiner von ihnen weiss, was an Weihnachten gewünscht wird. «Für dieses Jahr haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. Aber in der Vergangenheit gab es des öfteren Ente, Forelle, Fondue Chinoise – und viele, viele leckere Sachen drumherum», sagt Nieder.
Und der Weihnachts-Klassiker könnte auch in Fürstenau aufgetischt werden, wie Caminada verrät: «An Weihnachten gibt es gerne Fondue Chinoise und Raclette, weil die Kinder dies lieben und es so schön vielseitig ist. Daran haben wir alle Freude.» Und bei Familie Buholzer? «Das ist eine sehr gute Frage, welche ich unbedingt noch bis Weihnachten klären muss.»