Es war eine grosse Überraschung, als RTL Ende 2017 bekanntgab, dass Sylvie Meis nicht mehr weiter als Moderatorin von «Let's Dance» zu sehen sein würde. Nach sieben Staffeln, ebenso vielen Jahren und dem Bayerischen Fernsehpreis für ihre Moderation war für Meis nach der zehnten Staffel Endstation.
Die Gründe, die zur Kündigung des TV-Lieblings geführt haben, blieben unklar. Der Sender teilte offiziell mit, dass es «zur Pflicht aller Programmmacher» gehöre, «immer wieder neue Impulse zu setzen». Wieso zwar Meis, nicht aber ihr Co-Moderator Daniel Hartwich, 41, ausgetauscht wurde, begründete RTL nicht.
In der Zwischenzeit hat sich die Niederländerin, heute 42, eine Erklärung bereitgelegt für ihr überraschendes Aus bei der Tanzshow: ihr Alter. «Es ist ein bisschen Klischee, dass man als Frau 40 wird und man wird einfach eiskalt ausgetauscht», sagte sie in der Youtube-Show «Lasst uns reden, Mädels!» ganz offen. «Das ist einfach die Realität.»
Meis beteuerte, dass sie es nicht schlimm finde, was ihr widerfahren ist – dass es sie aber überrascht hat, «wie schnell das geht». «Da gibt es eine Person oder zwei Personen in einem Netzwerk, die sagen: ‹Ah, wir können eine jüngere Version einsetzen›, und dann passiert es einfach», erzählte Meis. «So ist das Leben.»
Tatsächlich trat mit Victoria Swarovski, 26, eine 15 Jahre jüngere Moderatorin in Sylvies Fussstapfen. Genau wie Meis startete auch Swarovski ihre «Let's Dance»-Karriere als Kandidatin: Sie gewann die 9. Staffel 2016. Auch Meis hatte sich zunächst als Teilnehmerin in die Köpfe der Macher der Show getanzt: Sie war in der dritten Staffel 2010 auf dem 2. Platz gelandet.
Hinter ihrem TV-Aus sieht Meis derweil ein gesellschaftliches Problem: «In dieser Gesellschaft haben Männer eine längere Chance.» Sie würden immer noch ein höheres Gehalt kriegen «als wir Frauen, obwohl wir genau die gleiche Arbeit machen, uns genauso einsetzen, genauso mit Herz und Seele dabei sind».
Was sie an ihrem Rauswurf denn auch ärgert, ist nicht die Kündigung an sich, sondern die ihr zufolge ungleiche Behandlung von Frauen und Männern. «Leider ist es so, dass immer wieder die gleichen alten Männer die grossen Shows kriegen», findet Meis. «Und ehrlich gesagt: Die Männer sehen nicht unbedingt besser aus.»
Wie sieht es in der Schweiz aus? Hätte Sylvie Meis auch hierzulande Anlass, zu denken, dass das Überschreiten der 40er-Grenze ihr den Job gekostet hat? Nein, erklärt Stefano Semeria, Abteilungsleiter Jugend, Familie und Unterhaltung bei SRF, auf Anfrage von schweizer-illustrierte.ch. «Das Alter spielt bei der Besetzung einer Moderation keine Rolle», hält er fest. Für die Vergabe eines Moderationsjobs stehen andere Dinge im Vordergrund. «Am wichtigsten ist, dass die Person zum jeweiligen Format passt.»
Die Aussagen Semerias bestätigt ein Blick auf die Moderatorinnen grosser Unterhaltungsshows. Neben männlichen Moderations-Urgesteinen wie Sven Epiney, Rainer Maria Salzgeber und dem Neuzugang Jonny Fischer begrüssen auch zahlreiche Frauen die TV-Zuschauer auf dem Bildschirm.
Und: Längst nicht alle sind jünger als 40. Da ist beispielsweise «1 gegen 100»-Gastgeberin Angélique Beldner, 44, die Anfang Jahr die Moderation von Susanne Kunz, 41, übernommen hat. Auch TV-Liebling Mona Vetsch, die sich ab kommendem Sonntag in der Sommerserie «Reporter Spezial» auf die Suche nach dem Glück macht, hat mit 45 Jahren die 40er-Marke bereits überschritten. Und auch «Glanz & Gloria»-Moderatorin Nicole Berchtold hat vor gut zwei Jahren ihren 40. Geburtstag feiern können.
Auch das schweizerische Pendant zu «Let's Dance», «Darf ich bitten?», wird von einer Frau moderiert, die die 40 bereits hinter sich hat. Mit Sandra Studer, 51, setzt das SRF in der Tanz-Show auf seine Allzweckwaffe. Die Zürcherin wird auch im Oktober durch die zwei Sendungen führen, die im März aufgrund der rasanten Ausbreitung des Coronavirus hatten abgesagt werden müssen.
Für Semeria war auch bei Studer die Kompatibilität für das Format ausschlaggebend für ihr Engagement. «Zudem ist sie bei unserem Publikum eine ausgesprochen gerngesehene und beliebte Moderatorin», erklärt er, weshalb ihr auch die Popularität in die Karten gespielt habe. Ihr Alter habe bei der Besetzung derweil keine Rolle gespielt – weder in die eine noch die andere Richtung.
Obschon es in der Schweiz wahrscheinlich nie so weit gekommen wäre, hat Sylvie Meis mit ihrem Aus in der RTL-Show und ihrer TV-Pause ganz allgemein mittlerweile Frieden geschlossen. Die Kündigung erachtet sie heute als Chance. «Es hat mich gezwungen, einen ganz anderen Weg zu gehen und eine andere Stabilität aufzubauen.»
Den Aufbau eines neuen Standbeins hätte sie «wahrscheinlich niemals so strukturiert und fokussiert gemacht», wenn das Aus nicht gekommen wäre, sagt Meis weiter. Ihrem verlorenen Engagement trauert sie nicht nach, obwohl es schwierig für sie gewesen sei, Sachen loslassen zu müssen. Denn sie habe immer mit viel Freude Fernsehen gemacht. «Aber ich weiss, ich kann sehr gut – vielleicht sogar besser – ohne Fernsehen überleben.» Eine Rückkehr auf die Mattscheibe schliesst die baldige Braut trotzdem nicht aus, sieht darin allerdings keine Notwendigkeit. «Wenn ich wieder zum Fernsehen zurückkehre, tue ich es, weil es eine alte Liebe ist – und weil es mir Spass macht.»