Mehr Sport, gesündere Ernährung, weniger Alkohol – die Liste der gängigen Vorsätze, die sich auf Beginn eines neuen Jahres hin gesetzt werden, ist lang. Nicht unbedingt häufig allerdings dürfte darauf der Punkt «Versöhnung mit dem Sohn» stehen.
Doch ganz offensichtlich hat sich diesen Punkt jemand ganz gross auf die Vorsatzliste geschrieben – eingefettet und doppelt unterstrichen. Denn das neue Jahr geht Prinz Charles, 73, nun mit viel Versöhnungslust an. Oder wie sonst ist sein öffentliches Lob zu interpretieren, das er an seine Söhne Prinz William, 39, und eben auch an Prinz Harry, 37, gerichtet hat?
In den vergangenen Monaten nämlich war das Einzige, was man spärlich von Vater und Sohn über den jeweils anderen hat vernehmen können, nicht wirklich mit Zuneigung und Liebe gespickt gewesen. Viel eher war Missgunst im Spiel – oder gar Ignoranz. Der abtrünnige Sohn Harry fand in der Königsfamilie vielfach einfach nicht mehr statt. So war es etwa Queen Elizabeth II., 95, die an der UN-Klimakonferenz in Glasgow ihren verstorbenen Ehemann Prinz Philip, †99, ihren Sohn Prinz Charles und ihren Enkel Prinz William für ihr Engagement in Sachen Umweltschutz lobte. «Ich könnte nicht stolzer auf sie sein», schwärmte sie. Dass sich auch Harry seit langer Zeit für den Klimaschutz einsetzt, erwähnte sie in keinem Wort, was den zweifachen Vater ordentlich gekränkt haben soll.
Umso dankbarer dürfte er nun für die lobenden und liebevollen Worte seines Vaters Charles sein. In einem Gastbeitrag für die «Newsweek» zollte Charles seinem jüngeren Sohn öffentlich Respekt für sein Engagement in Umweltbelangen. Er schrieb, dass er als Vater stolz darauf sei, «dass meine Söhne diese Bedrohung erkannt haben». Zunächst hob er den von William ins Leben gerufenen Earthshot Prize hervor, doch dann geizte er nicht damit, auch Harry zu würdigen. «Und mein jüngerer Sohn Harry hat leidenschaftlich die Auswirkungen des Klimawandels aufgezeigt», schrieb er unter anderem.
Die versöhnlichen Worte wecken nun die Hoffnung vieler Royal-Fans, wonach Prinz Harry und Prinz Charles endlich wieder zueinanderfinden. Denn mit dem Wegzug von Prinz Harry und seiner Frau Herzogin Meghan, 40, haben sich die beiden nicht nur in Sachen Distanz meilenweit von Charles und den Windsors im Allgemeinen entfernt, wie in den vergangenen Monaten auf schmerzliche Art und Weise deutlich wurde.
Eine vormals enge Bindung
Der Weggang von Harry und Meghan soll Prinz Charles sehr zugesetzt haben, was für grosse Frustration und Enttäuschung beim künftigen König gesorgt haben soll. Denn in der Vergangenheit soll es der jüngere Sohn gewesen sein, zu dem der Ehemann von Herzogin Camilla, 74, ein enges Band hatte. «Ich denke, dass Charles Harry näher stand – und deshalb hat es ihn sehr getroffen, was mit Harry passiert ist», erklärte Royal-Experte Robert Jobson in einem TV-Interview bei «The Royal Beat».
Das geschichtsträchtige Interview
Die Verhältnisse waren also bereits schwierig, bevor die Familien-Fehde so richtig Fahrt aufnahm. Der verlorene Sohn in den USA, der den alten Zeiten nachtrauernde Papa im Königreich – keine guten Voraussetzungen, um noch einen draufzusetzen. Doch das tat Harry. Mehrfach sogar.
Den Startschuss mit Paukenschlag ins Vater-Sohn-Drama markierte das geschichtsträchtige Interview, das Harry und Meghan US-Talkmasterin Oprah Winfrey im März 2021 gegeben haben. Weltweit löste das Gespräch ein Medienecho aus, wie es im vergangenen Jahr kaum eine andere Royal-Geschichte geschafft hat. In dem Interview hatte Harry in mehrfacher Hinsicht kein gutes Haar an Prinz Charles gelassen.
So berichtete er unter anderem davon, dass Charles ihm zwischenzeitlich den Geldhahn zugedreht haben soll – was später im Finanzbericht der Royals allerdings etwas anders daherkam. Weiter beschuldigte der Prinz seinen Vater, ihn fallen gelassen zu haben. «Als wir in Kanada waren, hatte ich drei Konversationen mit meiner Grossmutter und deren zwei mit meinem Vater, bevor er aufgehört hat, meine Anrufe anzunehmen.»
Er habe sich sehr im Stich gelassen gefühlt von seinem Vater, berichtete Harry. Insbesondere, weil «er weiss, wie sich Schmerz anfühlt», sagte er. «Natürlich werde ich ihn immer lieben, aber es ist eine Menge Leid vorgefallen, und ich werde weiterfahren, das zu einer meiner Prioritäten zu machen und zu versuchen, es zu heilen.»
Vorwürfe machte er seinem Vater aber nicht wirklich, sondern bezeichnete seine Familie, die Strukturen, für sein Leiden verantwortlich. «Ich war gefangen in einem System, wie es der Rest meiner Familie noch immer ist. Mein Vater und mein Bruder – sie sind gefangen. Sie dürfen nicht gehen, und ich habe grosses Mitgefühl dafür.»
Weitere Anschuldigung im Podcast
Im Mai 2021 legte der Herzog von Sussex dann im «Armchair Podcast» nach. Er erklärte, dass er «den Kreis brechen» wolle, der in seiner Familie in Form von Schmerz und Leid vorherrschte. «Als Form von Elternschaft habe ich eine Art von Schmerz und Leid erfahren, wahrscheinlich weil mein Vater oder meine Eltern den Schmerz und das Leid erlitten hatten. Ich stelle sicher, dass ich diesen Kreislauf brechen werde.»
«Nur weil du gelitten hast, heisst das nicht, dass deine Kinder leiden müssen»
Prinz Harry
Harry stellte seinem Vater im Podcast kein gutes Zeugnis aus. Er sagte, dass er, als er älter wurde, realisiert habe, dass Charles ihn genau so aufgezogen habe, wie er selber aufgezogen worden sei. «Ich habe es nie gesehen, ich habe nie davon gewusst, und dann plötzlich begann ich, die Teile zusammenzusetzen, und verstand: ‹Okay, das ist, wo ich zur Schule ging, und das ist, was passiert ist. Ich weiss das über sein Leben, ich weiss auch, dass es mit seinen Eltern zu tun hat, also bedeutet das, dass er mich so behandelt hat, wie er behandelt worden war – wie also kann ich das für meine eigenen Kinder ändern?›»
Vaterrolle von Charles erneut angekreidet
Doch damit nicht genug. Nur kurze Zeit später sprach Harry erneut bei Oprah Winfrey, diesmal in der Doku-Serie «The Me You Can't See», über psychische Probleme sowie die Hilfe, die ihm in seinen dunkelsten Stunden von der Familie verwehrt geblieben sein soll. Sein Fett weg kriegte auch Charles, dessen Papa-Qualitäten von Harry arg infrage gestellt wurden. Dass er sich in seiner Rolle als Royal oft nicht wohlgefühlt hat, hat demnach bei Charles für kein Verständnis gesorgt. «Als ich jünger war, sagte mein Vater zu mir und meinem Bruder William: ‹Es war für mich so, also wird es für euch auch so sein.›»
Für Harry ist heute klar: «Das macht keinen Sinn. Nur weil du gelitten hast, heisst das nicht, dass deine Kinder leiden müssen. Im Gegenteil: Wenn du gelitten hast, dann tu alles dafür, dass – egal, welche negativen Erlebnisse du hattest – du es für deine Kinder richtig machen kannst.»
Der beschuldigte Charles hat sich in der Folge nie dazu geäussert, wie er die öffentlichen Anschuldigungen seines Sohnes erlebt hat. Es ist allerdings mit gesundem Menschenverstand davon auszugehen, dass er darüber äusserst verletzt und enttäuscht sein dürfte.
Denn sein Naturell ist ein zartes, sensibles, wie Autor Robert Lacey in einem Interview mit dem «US»-Magazin erläuterte. Die Aussage von Harry, sein Vater nehme seine Anrufe nicht an, könne er deshalb gut nachvollziehen. «Das ist das, was Charles macht. Er kann nicht mit einer solchen Situation umgehen, also versteckt er sich.»
Selbst bei der Beerdigung von Prinz Philip im April sollen Charles und Harry nur das Allernötigste miteinander gesprochen haben, bevor Harry nur wenige Tage nach seiner Ankunft in London wieder den Heimweg angetreten hat. Seither sollen sich die beiden gemäss Medienberichten nie mehr in natura gesehen haben – und dass eine Aussprache nach solch harschen Vorwürfen via WhatsApp oder Facetime vonstatten geht, ist dann doch eher unwahrscheinlich.
Und so darf die explizite Hervorhebung des Engagements seines Sohnes durchaus als erstes kleines Zeichen dafür gewertet werden, dass Charles sich langsam vom Schock erholt hat, den sein Sohn ihm mit seinen Interviews erteilt hat. Schreit die Nennung doch regelrecht dafür, dass er ihn nicht vergessen hat – und trotz aller Turbulenzen nach wie vor für seine Taten und sein Handeln bewundert. Vielleicht steht also der eine lobende Satz am Anfang einer grossen Reunions-Geschichte – und war womöglich nur ein kleiner Schritt für Charles, dafür ein grosser für die britische Monarchie.