Der Durchschnittsmensch liest pro Minute etwa 220 Wörter. Ein Buch wie J.K. Rowlings Originalausgabe von «Harry Potter und die Heiligtümer des Todes» wäre mit 199'797 Wörtern somit in 908 Minuten durch. Die Amerikanerin Anne Jones erreichte den letzten Punkt des Romans bereits nach 47 Minuten – was 4'251 Wörtern pro Minute entspricht. Ein in 2007 aufgestellter Weltrekord.
Keine Zauberei, sondern eine Methode: Speed Reading
Ein sechsstündiger Kurs reiche im Durchschnitt bereits aus, um die eigene Lesegeschwindigkeit um das 2.9-fache zu steigern, sagt Speed-Reading-Coachin Madlaina Hartmann. Sie selbst habe das Speed Reading während der Uni-Zeit für sich entdeckt: «Da ich neben dem Studium 100 Prozent berufstätig war, kam ich mit dem ganzen Lernstoff nicht nach.». Ihren Master habe sie dank dem Speed Reading sogar sieben Monate früher abgeschlossen. Aktuell liegt ihre Wohlfühlgeschwindigkeit beim Lesen (und Verstehen!) von Fachliteratur bei 700 bis 1'400 Wörter pro Minute. Durch Romane rast sie mit 2'000 Wörter pro Minute.
Wieso wir nicht direkt von Anfang an schneller lesen? «In der Schule wurde uns keine Technik dazu beigebracht. Wir haben gelernt, Wort für Wort zu lesen», sagt Hartmann. Ebenfalls trage die innere Vorlese-Stimme dazu bei, sich beim Lesen automatisch dem Sprechtempo anzupassen.
Die Kunst des schnellen Lesens lässt sich aber erlernen: «Zu Beginn wird das visuelle Verständnis erweitert, indem pro Blick eine halbe Zeile gelesen wird. Es folgt eine ganze Zeile und anschliessend noch eine.» Die Übung werde solange wiederholt, bis das visuelle Verständnis mehrere Zeilen gleichzeitig lesen kann. Jede Übung baue somit auf der nächsten auf. Das visuelle Verständnis werde Schritt für Schritt neu konditioniert.
Ready, um Fahrt aufzunehmen? Hier kommen die Basics:
1. Gewöhnt euch stilles Mitsprechen ab
Um schneller als das Sprechtempo lesen zu können, müssen wir uns abgewöhnen, jedes Wort laut im Kopf mitzudenken. Sucht zum Üben einen Satz raus, den ihr laut aussprecht. Nehmt anschliessend einen anderen Text zur Hand. Nun sagt den ausgewählten Satz und probiert gleichzeitig den Text zu lesen.
2. Bildet ganze Wortgruppen
Normalerweise lesen wir jedes Wort einzeln. Unser Blick springt also von einem Wort zum nächsten. Um grössere Sprünge machen zu können, wählt man zu Beginn verschiedene Fixpunkte auf der Zeile und probiert pro Sprung gleich mehrere Wörter aufzuschnappen.
3. Erweitert die Blickspanne
Jetzt wirds noch aufregender: das Auge soll lernen, irgendwann ganze Zeile zu erfassen. Dafür müssen wir unsere Blickspanne ausweiten: Schreibt auf einem Papier eine Liste mit Wörtern auf, die gegen unten immer länger werden. Ihr bildet quasi eine Pyramide. Zu Beginn könnte «Ei» stehen, am Schluss zum Beispiel «Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung». Verdeckt mit einem Blatt Papier zuerst die Pyramide und deckt jeweils ein Wort ganz schnell auf. Wiederholt das anschliessend mit jeder Zeile. Je länger das Wort, desto schwieriger die Übung.
4. Benutzt eine Lesehilfe
Nicht selten verlieren wir im Text die Orientierung. Die richtige Zeile wiederzufinden, kostet Zeit. Folgt dem Text mit dem Finger oder einem Stift. Ebenfalls könnt ihr mit der Lesehilfe ein Tempo vorgeben, dem ihr probiert zu folgen.
Stichwort Lesen: Welches Buch empfehlt ihr für den Moment?