1. Campen in der Einsamkeit
Ein Zelt und rundherum nichts als wilde Natur: In der Schweiz sind solche Träume schwer zu erfüllen. Idyllische Flecken gibt es zwar genug, doch die sind oft privat. Hier schafft die neue Plattform Nomady Abhilfe. Auf der Seite bieten Landeigentümer Plätzchen zum Campieren an. Gebucht und bezahlt wird online. Übrigens: Gesucht werden auch Gastgeber, denn die Nachfrage ist riesig.
nomady.ch
2. Draussen lesen
«Ich bin in den Wald gegangen, weil mir daran lag, mit Bedacht zu leben», schreibt der Amerikaner Henry D. Thoreau und trifft wunderbar heutige Befindlichkeiten. Dabei sind 175 Jahre vergangen, seit Thoreau in eine selbst gezimmerte Hütte am Rande des Walden-See in Massachusetts, USA, zog. Er verbrachte dort zwei Jahre, sinnierte über Natur und Gesellschaft und schrieb danach seine Erfahrungen in «Walden» nieder. Sein Bericht gilt als Kultbuch für Aussteiger – jetzt ist der Moment, um es selber zu lesen: Der Manesse-Verlag hat es in einer überarbeiteten Übersetzung neu herausgegeben. Mit Anmerkungen und einem klugen Nachwort.
manesse-verlag.de
3. Wandern von zu Hause aus
Ivo Moosberger, 46, wanderte zehn Monate zu Fuss und alleine durch die Schweiz. Bekannt gemacht haben ihn seine vergänglichen Naturkunstwerke, die er in abgelegenen Landschaften baut und danach fotografiert. «Wanderschuhe anziehen. Die Regenjacke, mein Hobo-Köcherlein und etwas zu essen und zu trinken in den Rucksack packen, dann kann es losgehen. Ich wandere meist spontan, lasse mich treiben, verlasse mich auf mein Bauchgefühl. Das einzige Ziel ist, sich zu verlaufen. Es ist das Beste, was einem passieren kann. Dann muss man improvisieren, und das Mikroabenteuer geht erst richtig los. Ich wandere in absolut unspektakulären Wäldern und Gebieten, praktisch vor der Haustür. Man erwartet nichts, aber die kleinen Überraschungen, die kommen, sind dafür umso grösser. Ich bewege mich abseits der Masse. Randzeiten sind dafür sehr geeignet, ich laufe zum Beispiel mal um vier Uhr morgens los oder abends bei Dämmerung. Auch eine Nacht durchzuwandern, ist ein besonderes Erlebnis. Bei Dunkelheit kommen ganz andere Sinnesorgane zum Zug, man geht langsamer, spürt mehr. Man nimmt die Welt in einer anderen Dimension wahr. Seit ich Vater bin, sind meine einsamen Touren seltener geworden. Meist sind meine Kinder dabei. Sie sind nun vier und sieben. In diesem Alter finden wohl alle Kinder Wandern langweilig, es ist viel zu monoton. Sie wollen die Natur spielerisch erleben. Wenn wir zusammen im Wald losgehen, bleiben wir meist nach kurzer Zeit irgendwo hängen. Wir machen ein Feuer, schnitzen Maipfeifen, sammeln Stecken. Die letzten Wochenenden haben wir draussen im Zelt übernachtet – nur gerade zehn Minuten von zu Hause entfernt.»
4. Achtsamkeit im Wald
Shinrin Yoku, Waldbaden, heisst das japanische Prinzip des achtsamen Gehens durch den Wald. Es beeinflusst die körperliche und seelische Gesundheit positiv. Waldbaden vermindert etwa die Freisetzung von Stresshormonen, es kann den Blutdruck senken, Depressionen und Nervosität entgegenwirken und das Immunsystem stärken. So funktioniert es: Nehmen Sie sich zwei Stunden Zeit. Schalten Sie Ihr Handy aus, und gehen Sie in den Wald oder in ein ruhiges Naturgebiet. Schlendern Sie langsam (gemächlicher als bei einem Spaziergang), folgen Sie spontan einem Pfad. Man kann sich einen Baum als Freund aussuchen, still ein Mandala aus Naturmaterialien legen oder gemütlich sitzend die Umgebung beobachten. Übrigens: Wald baden geht bei jedem Wetter, gerade bei Regen ist das Duft und Geräuscherlebnis im Wald besonders intensiv.
5. Ein Sprung ins kalte Wasser
1 Stunde, 52 Minuten und 42 Sekunden lang hielt es Wim Hof in einem Eisbad aus. Das ist Weltrekord und soll keinesfalls zu dummen Versuchen anspornen! Sich der Kälte stellen, lohnt sich aber. «Wer langsam und behutsam vorgeht, kann mental und körperlich von ihr profitieren», sagt Hof. Seine Trainingsmethode besteht aus Atemtechnik, Meditation und Kälte – etwa morgens kalt duschen. Wir empfehlen: bis zu den Knien in einen See stehen, die Zehenspitzen in einen Bergbach halten – oder frühmorgens barfuss über eine Wiese rennen.
6. Mit dem Handy ein tolles Bild machen
Anita Brechbühl, 32, reist für ihren Blog Travelita durch die ganze Schweiz. Die Fotos auf ihrem Instagram-Account sind zu 99 Prozent mit dem Handy gemacht.
Style: Was für Sujets suchen Sie?
Anita Brechbühl: Ich mag es simpel, reduziert, nicht zu überladen. Eine Wiese mit einem Baum gibt schon viel her. Ich suche oft nach einer Struktur in der Landschaft oder nach ähnlichen Farbtönen.
Die Kunst besteht darin, eigene Sujets zu finden und nicht Bilder nachzumachen, die man auf Instagram gesehen hat.
Wie gelingt ein gutes Bild?
Wichtig ist das Spiel mit Vorder- und Hintergrund, so entsteht Tiefe. Man kann mit verschiedenen Perspektiven spielen, das Handy mal auf den Boden legen oder beim Fotografieren irgendwo hochklettern. Pfützen eignen sich gut für Spiegelungen. Ich versuche, entweder das Bild mit der Landschaft auszufüllen oder den Himmel als klaren Kontrast in Szene zu setzen.
Was lässt man besser bleiben?
Panorama-Ansichten sehen von Auge toll aus, sind mit dem Handy aber nicht einfach einzufangen. Ein Sonnenunter gang bei wolkenlosem Himmel wirkt oft langweilig.
Wie wichtig sind Tageszeit und Wetter?
Es lohnt sich, früh aufzustehen und gegen Abend zur «golden hour» unterwegs zu sein. Je tiefer der Lichteinfall, desto besser. Ich arbeite gern mit Gegenlicht. Das Wetter muss nicht grundsätzlich gut sein, bei bedecktem Himmel oder Regenwetter wirkt zum Bei spiel ein Wald spannend. Ich selbst freue mich immer auch über Schäfliwolken.
Filter – ja oder nein?
Ich arbeite mit der App VSCO und nutze einen Filter, aber editiere diesen manuell weiter: Helligkeit anpassen, Schärfe und Kontrast optimieren, Weissabgleich machen.
Was für Instagram-Accounts inspirieren Sie?
@Lilyrose, @Sejkko und @SomewhereinCopenhagen.
7. Birdspotten für Anfänger
Martina Schybli, 35, ist Mediensprecherin der Vogelwarte Sempach. Sie gibt privat Vogelbestimmungskurse und ist Feldornithologin.
Style: Was raten Sie ornithologischen Neulingen?
Fangen Sie klein an! In der näheren Umgebung, im Garten, auf dem Balkon. Man kann auch in den Wald gehen, aber im Mai ist es wegen des ausgetriebenen Laubes schwieriger, die Vögel zu entdecken. Am Anfang braucht es Geduld. Oft ist der Vogel schon weg, wenn man endlich den Feldstecher eingestellt hat.
Wie hat man mehr Erfolg?
Ich empfehle den Besuch eines ornithologischen Grundkurses. Dort lernt man die Vögel der Umgebung kennen und genauer hinzuschauen. Sobald man wieder in der Gruppe unterwegs sein darf, kann man mit erfahrenen Personen aus dem Freundeskreis oder bei einer Exkursion eines Naturschutzvereins mitgehen. Oder man fokussiert sich weniger aufs Bestimmen, sondern aufs Beobachten: Setzen Sie sich im Wald für eine halbe Stunde still hin, und schauen Sie einfach, was kommt. Das wirkt entschleunigend.
Frühes Aufstehen ist sicher nicht falsch, oder?
Richtig. Frühmorgens ist das Vogelkonzert am intensivsten, zudem gibt es weniger andere Geräusche. Neben den Vögeln sieht man vielleicht auch andere Tiere. Die Ornithologie hat mich gelehrt zu staunen.
Gibt es im Feld Regeln?
Damit die Vögel nicht gestört werden, sollte man genügend Distanz halten und auf dem Weg bleiben. Zum Verhaltenskodex gehört auch, dass man im Feld keine Vogelstimmen abspielt. Gesang dient der Revierverteidigung, man gaukelt den Vögeln so Konkurrenz vor. Das belastet sie. Darum: Kopfhörer mitnehmen!
Was gehört sonst noch zur Ausrüstung?
Ein Bestimmungsbuch und ein hochwertiger Feldstecher, der gut in der Hand liegt. Ist er zu schwer, zittert das Bild. Man soll sich beim Kauf unbedingt beraten lassen – ein Feldstecher ist eine Investition fürs Leben.
8. Draussen übernachten
Barbara Blanc, 48, «Fiffan» ist Präsidentin der Pfadibewegung Schweiz. In den letzten Wochen hat sie sich mit ihren Töchtern zu Hause in Ennetbaden AG in Homescouting geübt.
«Dieses Jahr habe ich mit meinen Töchtern bereits im April draussen übernachtet. Die beiden waren wie alle Kinder zu Hause leicht gelangweilt, und ich habe ihnen den Auftrag gegeben, mit Tüchern, Seilen, Kissen und Matratzen auf unserem Balkon eine Hütte zu bauen. Inspiriert hat mich die ‹Epic Blanket Tent Challenge› der Weltpfadiorganisation.
Mein Mann hat das Bett vorgezogen, ich und die Mädchen haben gut geschlafen und warm gehabt in der Hütte. Für Kinder gibt es spezielle, kleinere Schlafsäcke. Das macht Sinn. Ziel ist nämlich, dass man mit seiner Körpertemperatur den Schlafsack aufwärmt. Bleibt zu viel Platz übrig, dauert das ewig. Als Variante kann man normale Schlafsäcke auf Kindergrösse abbinden. Oder wenn man draussen übernachtet, den restlichen Platz mit Kleidern auffüllen. So muss man morgens nicht in seine klammen Sachen schlüpfen. Für die Nacht sollte man sich nicht zu warm anziehen, ein normales Pyjama reicht. Auf den Kopf empfehle ich eine Mütze, dort geht viel Wärme verloren. Kalt bekommt man aber vor allem von unten. Im Wald kann man mit Herbstlaub und einem Mätteli eine isolierende Unterlage basteln. Die schönsten Momente sind das Einschlafen und das Aufwachen. Die Geräusche rundherum sind so anders, so fremd. Eine raschelnde Amsel im Laub klingt schnell wie ein Elefant im Unterholz. Noch was zum Thema Wald: Es gilt die Regel ‹Leave no trash›. Was man in den Wald bringt, nimmt man auch wieder mit nach Hause. Das betrifft auch unsere Exkremente. Hier bewährt sich das System Robidog. Was bei Hunden normal ist, sollte auch bei uns selbstverständlich werden.»
Wichtig: Die Regeln für wildes Campieren bestimmen in der Schweiz die Gemeinden und Kantone. Ihre Websites helfen weiter. Generell überall verboten ist das Übernachten im Naturschutzgebiet
8. Mit Bertram in die Wildnis
Er sägt, er schnitzt, er entfacht Feuer ohne Streichhölzer, baut ein Tipi, räuchert Fleisch und Fisch, fällt Bäume mit der Axt – und Millionen von Menschen schauen ihm dabei zu. Bertram - Craft and Wilderness heisst der YoutubeChannel des jungen Mannes, über den man bloss weiss, dass er Däne ist, ehemaliger Überlebenstrainer, Werkzeugmacher und Holzverarbeiter. Für seine Videos – er filmt sich selbst – unternimmt Bertram tagelange, einsame Expeditionen in die nordische Wildnis. Er spricht nie zu seinen Zuschauern – möchte auch nicht kontaktiert werden –, dafür hört man das Knistern des Feuers, summende Bienen, knackende Äste, der Wind in den Nadelbäumen, das schabende Schnitzmesser. Unglaublich real und so entspannend!