Klug, witzig, charmant, grandioser Musikgeschmack. Reagiert beim Wort Feminismus weder mit passiv-aggressivem Trotz, noch mit faulem Schweigen. Und ach, gutaussehend! Der Tinder-Boy wirkt nice. Es wird weiter geplaudert, tiefer ins Glas geschaut, näher aneinander gerutscht: Kuss.
Uh, autsch. Schlag ins Gesicht – zumindest in abgeschwächter Form. Zwar keiner, der körperliche Schmerzen verursacht (hoffentlich), aber einer, der gerade die Illusion des perfekten Matchs zerschmettert. Nochmals zurück zu Satz drei. Korrektur: Der Tinder-Boy wirkte nice, bis die Lippen aneinander klebten und die Zunge eine Showeinlage präsentierte.
Kein Upside-Down-Kiss-Szenario in strömendem Schauer wie es Kirsten Dunst und Tobey Maguire in «Spider-Man» vormachen. Nicht mal annähernd so leidenschaftlich wie der junge DiCaprio und Kate Winslet zu «My Heart Will Go On».
Aber! Ein «Ich melde mich dann», mit dem Wissen ein «Ich melde mich dann nie mehr wieder» zu meinen, wäre eine abrupte Kussschlussreaktion. Und nebenbei unreifes Ghosting. Also? Starten wir die Erste-Hilfe-Aktion.
Lektion 1: Sanft korrigieren
Was bei Bewusstlosigkeit die Mund-zu-Mundbeatmung wäre, ist bei diesem weniger dramatischen Rettungsversuch ein sanfter Kuss. Bei übereifrigem Lippen-und-Zungen-Einsatz senkt ihr einfach das Tempo. Lippen gehören zu den empfindlichsten Stellen am Körper und nehmen sanfte Berührungen sehr intensiv wahr. Setzt wenige Sekunden aus, führt eure Lippen langsam an die des Gegenübers und beginnt mit ganz weichen Küssen. Fühlt sich trotzdem nicht richtig an? Dann Mund aufmachen und Klartext sprechen.
Lektion 2: Kuss durch Kommunikation
Sagen, was gesagt werden muss: Du küsst Scheisse. Natürlich in adäquater Form ausgedrückt. Soll heissen: Alles sorgfältig in eine Ich-Botschaft verpacken und eine Satinschleife drumherum binden. Erklären, wie der Kuss gefällt, ohne die Zungen-Akrobatik brutal zu kritisieren. Je nach Situation solltet ihr das hübsch verpackte Ich-Botschafts-Geschenk erst beim zweiten oder dritten Date überreichen.
Was wir mögen und was nicht? Diese Frage vereinfacht unser Sexleben. Generell ja eigentlich alles. Inklusive Küssen. Geht eure vergangenen Küsse gedanklich durch. Leichtes knabbern und saugen war das letzte mal toll? Die Zunge auch? Der Sabber nicht? Merken und mitteilen.
Lektion 3: Abschauen und anwenden
Fallen zwei Menschen hemmungslos in der Öffentlichkeit übereinander her, ist das für anwesende Dritte: weird. Ein visuelles Beispiel als Mittel zum Zweck täte der Sache vielleicht aber gut. Das klingt im ersten Moment befremdlich, kann aber durchaus dabei helfen, jemandem zu verklickern, was mit den Vorlieben aus Lektion 2 gemeint ist. Äh, jetzt also andere Leute anstarren? Unangenehm. Besser: Auf Kussszenen aus Filmen, Serien, sinnlichen Pornos – wo auch immer Menschen vor laufender Kamera knutschen – hinweisen.
Abgedroschene Phrase, aber fürs Küssen relevant: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Also, trainiert! Sehts als Challenge. Nehmts gelassen und mit Humor. Nachhilfeunterricht war schliesslich auch schon weniger vergnüglich. Happy Unterricht!
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Was kann beim Küssen alles schief gehen?